: Frankfurt ein absurd teures Pflaster
■ Die 172 in der Mainmetropole ansässigen Auslandsbanken fordern bessere Geschäftsbedingungen für den gesamtdeutschen Finanzplatz/ Europäische Zentralbank soll dennoch nach Frankfurt kommen
Frankfurt/Main (taz) — Die bundesdeutsche Finanzdrehscheibe Frankfurt ist den dort angesiedelten ausländischen Banken zu unattraktiv: Im Vergleich mit anderen europäischen Finanzplätzen biete die Mainmetropole für die 172 dort ansässigen ausländischen Kreditinstitute nicht gerade günstige Bedingungen, beklagte gestern der Vorsitzende des Verbandes der Auslandsbanken in Deutschland e.V., Hans- Georg Engel. „Kapitalströme suchen sich ihre Plätze selbst“, warnte Engel, der als Vizepräsident die J. P. Morgan Bank vertritt — und finden sie vornehmlich in London oder Luxemburg.
Das soll sich ändern: Der Verein der Auslandsbanken mischt bei der Konzeption eines neuen Kreditwesen-Gesetzes mit, an dem im Zuge der Ausgestaltung des europäischen Binnenmarktes in Bonn gearbeitet wird. Die ausländischen Banker fordern vor allem, daß die Zwangsvorschriften zur Bereitstellung von sogenanntem Dotationskapital abgeschafft werden.
„Liberalisierung“ heißt das Zauberwort — und an dem EG-weit geltenden „Heimataufsichtsrecht“ komme auch der Gesetzgeber in der Bundesrepublik nicht mehr vorbei. Das betreffe insbesondere die Anwendung der Liquiditätsvorschriften (Dotationskapital) durch das Bundesaufsichtsamt für Kreditwesen und die Wahrnehmung der Kreditprüfungspflichten. Die Gründung einer Filiale dürfe juristisch nicht mit einer Bankgründung gleichgesetzt werden, so der Verband. Deshalb sei man wohl auch im Bundesfinanzministerium inzwischen bereit, die „Heimataufsicht“ nach den Bedingungen im Mutterland der Bank zu akzeptieren. Für Bankfilialen oder selbständige Tochtergesellschaften von Banken aus Nicht-EG- Staaten fordert der Verein eine „Öffnungsklausel“ im neuen Kreditwesen-Gesetz. Schließlich hätten auch sie „maßgeblich zur Finanzierung der deutschen Einheit beigetragen“.
Obgleich Frankfurt nicht zuletzt wegen der „extrem hohen Besteuerung“ für die Auslandsbanken weiterhin ein „absurd teures Pflaster“ bleibe, plädierten die Banker für die Mainmetropole als Standort für die Europäische Zentralbank. Schließlich, so Engel, seien sie die Repräsentanten des Vereins der Auslandsbanken in Deutschland. Allerdings müßten die Rahmenbedingungen „spürbar verbessert“ werden: Echte Geldmarktfonds müssen ermöglicht, die Wertpapierleihe gefördert und eine zentrale Börsenaufsicht sowie klare Insider-Gesetze geschaffen werden. Es sei „absurd“, daß man in Deutschland heute noch Aktien zu unterschiedlichen Kursen an verschiedenen Börsenstandorten kaufen könne. Engel: „Eine einzige große Börse in Frankfurt und ein einziges Aufsichtsamt dann könnte auch unerfreuliche Geschichten wie etwa das Dividendenstripping, das einen Schatten auf den Finanzplatz wirft, im Vorfeld ausschalten.“ Klaus-Peter Klingelschmitt
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