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Archiv-Artikel

Forsche Viren im Wedding

Das Robert-Koch-Institut will ein Hochsicherheitslabor im Wedding bauen. Dort soll an gefährlichen Viren wie dem Ebola-Erreger geforscht werden. Grüne kritisieren den Standort mitten in der Stadt

VON ANNA LEHMANN

Die Patientin hatte hohes Fieber, und keiner konnte erklären, woher es rührte. Über den Erreger wussten die Ärzte nur, dass er irgendwo zwischen Ghana und der Elfenbeinküste herumschwirren musste, denn von dort war die Studentin gerade zurückgekehrt. Im Hochsicherheitslabor des Hamburger Bernhard-Nocht-Instituts konnte die Ursache schließlich benannt werden: das Lassavirus. Dieses Virus gehört zu den hochgefährlichen Krankheitserregern, die mit der höchsten Sicherheitsstufe vier belegt sind. Selbst das Aidsvirus kommt nur auf Stufe drei.

Der Fall von Lassafieber trat im Jahre 2000 auf. Damals erklärte die zentrale staatliche Einrichtung für Gesundheitskontrolle, das Robert-Koch-Institut, ihre Absicht, ein eigenes Hochsicherheitslabor in Berlin bauen zu lassen. In Deutschland gibt es bisher zwei solcher Labore – in Marburg und in Hamburg. Die Genehmigung für das dritte soll in diesem Jahr beim zuständigen Berliner Amt beantragt werden. Ab 2007 könnten dann die ersten Versuche durchgeführt werden. Der Standort steht schon fest: im Wedding zwischen Friedhof und Virchow-Klinikum.

Die Grünen-Politikerin Claudia Hämmerling befürchtet, dass der geplante Bau eine ideale Zielscheibe für Terroristen abgeben könnte und lehnt den Standort mitten in der Stadt ab. Zu den Gefahren von außen kämen innere: „Die höchste Sicherheitsstufe vier ist bei gentechnisch brisanten Vorhaben mit unkalkulierbaren Risiken erforderlich“, warnt Hämmerling.

Gentechnik an sich sei noch nicht gefährlich, kontert die Sprecherin des Robert-Koch-Instituts, Susanne Glasmacher: „Auch in den Sicherheitsstufen eins bis drei wird mit gentechnisch veränderten Viren gearbeitet.“ Die meisten zu analysierenden Kulturen seien aber natürlich. Ebola und Sars etwa, aber auch Hühnerpesterreger, die sich anschickten, unheilvolle Allianzen mit menschlichen Viren einzugehen. Dem müsse man im Labor zuvorkommen.

Das Robert-Koch-Institut ist seit diesem Jahr Teil des Netzwerkes für Sars-Diagnostik. Glasmacher räumt ein, dass im Weddinger Labor erstmals vermehrungsfähige Erreger lagern. „Aber da kann nichts nach außen gelangen, das ist ein völlig autarkes System“, versichert sie. Auch Andrea Tran-Betcke, die als Biologin bei der Berliner Zulassungsbehörde arbeitet, hält die Vorkehrungen für ausreichend. „Ein Standort mitten in der Stadt ist weltweit üblich. Es hat noch nie einen Zwischenfall gegeben,“ sagt sie.

Ein Labor der Stufe vier ist ein fensterloser Raum, der nur durch drei Sicherheitsschleusen betreten werden kann. Im Innern herrscht permanenter Unterdruck, und die Mitarbeiter tragen Ganzkörperanzüge und Schutzmasken. Für den Fall, dass tatsächlich etwas nach außen dringen würde, wird ein Notfallplan erstellt. Wie der konkret aussieht, kann Tran-Betcke noch nicht sagen. Die Berliner Behörde betritt mit einem Labor der Sicherheitsstufe vier Neuland. „Doch selbst wenn Viren das Labor verließen, könnten sie nicht lange überleben“, beruhigt die Biologin.

Skeptischer ist Katja Moch vom Ökoinstitut in Freiburg. „Ein Restrisiko bleibt. Menschliches Versagen kann nie ausgeschlossen werden.“ Deshalb gehörten solche Labore in militärisch abgeriegelte Sperrzonen.