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Archiv-Artikel

Forensik-Standort Herne bleibt umstritten

Nach dem Regierungswechsel im Land eröffnen die Herner Forensik-Gegner eine neue Standortdebatte. Die CDU hält sich bis zur Regierungsbildung zurück. Forensik-Befürworter hoffen auf Kontinuität bei Schwarz-Gelb

HERNE taz ■ Der Regierungswechsel in Düsseldorf erneuert die Debatte um den umstrittenen Forensik-Standort Herne. Die Bürgerinitiative Forensik hofft darauf, dass Schwarz-Gelb den Weg der bisherigen Landesregierung nicht weiter verfolgen werde. „Wir müssen sehen, wer in der neuen Landesregierung für das Gesundheitsressort zuständig sein wird“, sagt BI-Sprecher Siegfried Machalla. Er kämpft schon seit Jahren gegen den Standort im Eickeler Stadtteil Bickern. Eine Volksinitiative der BI scheiterte allerdings vor zweieinhalb Jahren deutlich.

„Ich glaube nicht, dass sich durch die Wahl sehr viel ändern wird“, sagt dagegen Klaus Marquardt vom Arbeitskreis Forensik. Als Mitglied des Planungsbeirates, in dem unter anderem auch Sicherheitsbedenken der Anwohner zur Sprache kommen, hofft er weiter auf eine konstruktive Zusammenarbeit mit der Landesregierung. Der Grund: Die CDU im Land hat sich in der Vergangenheit immer für den Maßregelvollzug ausgesprochen. „Wir in der CDU-Fraktion wollen die Einrichtung neuer Plätze im Maßregelvollzug. Wir wollen die Dezentralisierung des Maßregelvollzugs in NRW“, wurde der gesundheitspolitische Sprecher der CDU im Landtag, Rudolf Henke, in der Vergangenheit zitiert.

Aktuell wollte Henke zur Standortfrage keine Stellung nehmen. „Wir müssen erst einmal die Regierungsbildung abwarten“, so Henke. Es ist anzunehmen, dass das Thema Maßregelvollzug auch in den Koalitionsverhandlungen thematisiert wird. Der Koalitionspartner FDP will die Sicherheit im Maßregelvollzug in Vordergrund rücken. Zudem ist es wahrscheinlich, dass der Bereich Gesundheit mit den Bereichen Arbeit und Soziales zu einem gemeinsamen Ministerium unter Führung des Bundestagsabgeordneten Karl-Josef Laumann (CDU) zusammen gefasst wird.

Die Forensikgegner hoffen nun, dass die neue Landesregierung in diesem Zusammenhang sparen wird. So fordert die BI, dass der Übergangsstandort der Psychiatrie Rheine zu einer dauerhaften Lösung werden solle. Herne sei damit überflüssig. „Das funktioniert schon rechtlich nicht“, sagt Arbeitskreis-Sprecher Klaus Marquardt. Das Land habe mit Rheine einen Vertrag über sieben Jahre abgeschlossen, länger dürfe die Übergangslösung nicht dauern. Auch sollen nach Meinung der BI nicht therapierbare oder nicht therapiewillige Straftäter in den Strafvollzug eingewiesen werden. Der Platzmangel im Maßregelvollzug werde dadurch nicht behoben, so Marquardt, „der Bedarf an Plätzen wird eher steigen“. Landesweit fehlen im Maßregelvollzug 700 Therapieplätze.

Um den Notstand zu beheben hatte Gesundheitsministerin Birgit Fischer (SPD) vor drei Jahren den Neubau von sechs forensischen Kliniken mit insgesamt 470 Plätzen beschlossen. Duisburg, Dortmund, Essen, Köln, Münster und Herne sind als Standorte vorgesehen. Den Abschluss des Vorhabens wird die Ministerin nicht mehr im Amt erleben. Andererseits bleibt ihr auch eine Menge Ärger erspart. Im Fall Herne gibt es derzeit einen Rechtsstreit zwischen Land und Kommune. Eine Klage gegen den Standort Wanne-Eickel vor dem Landgericht Gelsenkirchen wurde im Oktober des vergangenen Jahres abgelehnt. Die Stadt Herne klagt mit den Stimmen von SPD, CDU und Grünen nun vor der nächst höheren Instanz beim Oberverwaltungsgericht der Landes NRW in Münster. Die Ortsverbände von SPD und CDU gehen dabei auf Konfrontation zu den jeweiligen Landesparteien.

Bei der Landtagswahl spielte das Thema indes nicht die erwartete Rolle. Birgit Fischer und Frank Sichau (beide SPD) konnten ihre Herner Wahlkreise jeweils gewinnen, obwohl sie sich für die Forensik in Herne ausgesprochen hatten. Die Herausforderer unterlagen, obwohl sie auf einer Veranstaltung der Bürgerinitiative noch gegen den Standort agitierten. Auch nach dem Regierungswechsel dürften die Forensik-Gegner landespolitisch isoliert bleiben.

HOLGER PAULER