piwik no script img

Flugverkehr wird nach Schönefeld umgelenkt

■ Verkehrssenator Haase legt Planung vor/ Fluggesellschaften werden mit Gebührenerleichterungen von Tegel weggelockt/ Tegel-Ausbau noch strittig

Berlin. Mit viel guten Worten und ein wenig Druck will Verkehrssenator Herwig Haase die Flugzeuge vom Flughafen Tegel zum Flughafen Schönefeld umdirigieren. Sein Ziel ist es, in Schönefeld den internationalen und in Tegel den nationalen Luftverkehr starten und landen zu lassen. Tempelhof soll nur noch für Regionalflüge zur Verfügung stehen. Einen entsprechenden Bericht Haases über diese Aufteilung hat der Senat in seiner gestrigen Sitzung beschlossen. Wie der Verkehrssenator erklärte, habe er bereits mit den Fluggesellschaften »auf dem Wege der Überzeugung geredet«, nun will er deren Motivation zum Standortwechsel mit einer Erhöhung der Landegebühren in Tegel und einer Senkung der Tarife in Schönefeld steigern. Über die angestrebte Bandbreite der Gebühren wollte er gestern noch keine Angaben machen, da er darüber mit den Fluggesellschaften im Gespräch sei. Diese hätten ihm bereits »signalisiert, daß sie auf Gebührenänderungen reagieren werden«. Zur Zeit beträgt der Tarif 1.000 bis 2.000 Mark pro Flugzeug.

Bislang können die Gesellschaften zu einem Standortwechsel nicht gezwungen werden. Dies wäre erst durch eine Änderung des Luftverkehrsgesetzes möglich. Haase will über diese Möglichkeit, administrativ in den Verkehr einzugreifen, Gespräche mit Bundesverkehrsminister Günther Krause führen, doch sei ein solches Gesetzesvorhaben, so der Senator, nichts, »was wir relativ schnell machen können«.

Um die Attraktivität Schönefelds zu erhöhen, soll zur Internationalen Luftfahrtausstellung im Sommer ein Shuttleverkehr zum Hauptbahnhof eingerichtet werden, der danach zu einer Dauereinrichtung werden soll. Über einen möglichen Einsatz der M-Bahn zur Erschließung des Flughafens sei, so Haase, noch nicht entschieden. Es wird zudem kurzfristig an die Errichtung eines Charterterminals gedacht, mit einer Beteiligung der Gesellschaften. Bis Ende 1992 sollen über ein renoviertes Abfertigungsgebäude 3,5 bis 4 Millionen Passagiere und über das zusätzliche Chartergebäude 2 Millionen Passagiere abgefertigt werden.

Noch nicht entschieden sind die Ausbaumaßnahmen in Tegel. Der dortige Flughafen soll, nach dem Willen des Verkehrssenators, in den bestehenden Gebäuden »qualitativ ertüchtigt« werden, um in diesem Jahr zusätzlich 700.000 Passagiere bewältigen zu können. Diese Zahl solle jedoch, so betonte Haase, nicht durch mehr Flüge, sondern durch bessere Auslastung anfallen. Das bislang aufgelaufene Kostenvolumen von 85 Millionen Mark für den ursprünglich geplanten Ausbau Tegels habe der Aufsichtsrat der Flughafengesellschaft als zu teuer kritisiert. Das Kontrollgremium hat nun die Geschäftsleitung des Unternehmens angewiesen, eine überarbeitete Planung vorzulegen.

Während sich der Verkehr in Tegel konzentriere, so Haase, verfüge Schönefeld über Landekapazitäten, die nicht genutzt würden. Er verwies auf die Erfahrungen während des Streiks, als in drei Tagen in Schönefeld täglich 310 Flugzeuge gestartet und gelandet sind — dreimal mehr als üblich. Dieter Rulff

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen