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FlughafenTraumhäuser auf dem Flugfeld

Nicht zum ersten Mal steht Berlin vor der Frage, was aus einem alten Flughafen wird. Auf dem Flugplatz Flugplatz Gatow enstand eine Neubausiedlung.

Ab ins Museum Bild: dpa

Dass der Flughafen geschlossen ist, habe nur positive Seiten, findet Rainer Nitsch. "Das vorher nicht zugängliche Gelände ist jetzt offen. Alle profitieren davon, dass hier zwei Schulen und ein Sportplatz stehen", sagt der Vorsitzende des Kultur- und Heimatvereins "Kladower Forum".

Das Dorf Kladow mit seinen 11.500 Einwohnern gehört zum Bezirk Spandau, doch von Spandau geht es erst fünf Kilometer lang auf der Straße durch Felder und Wälder. Kladow liegt kurz vor der Havel, kurz vor Brandenburg. Bis 1994 war hier auch ein Militärflughafen: der Flugplatz Gatow. Gebaut 1935 von den Nationalsozialisten ging er nach dem Zweiten Weltkrieg an die Briten.

Das Beispiel Kladow zeigt, wie sich eine ehemals abgesperrte und mit Stacheldraht gesicherte Zone zur Umgebung hin öffnen kann; es ist aber auch ein Beleg dafür, wie schwierig es sein kann, die Nachfrage nach neuem Wohnraum richtig einzuschätzen. Von daher ist Gatow ein perfektes Vorbild für die aktuelle Diskussion über die Nachnutzung des innerstädtischen Flughafens Tempelhof. Der Senat will ihn Ende Oktober schließen, am nächsten Sonntag findet darüber ein Volksentscheid statt.

Als die Briten 1994 aus Gatow abzogen, war unklar, was aus dem Flughafen wird. Während der Luftbrücke 1948/49 gingen rund 90.000 der knapp 280.000 Flüge nach Gatow, der Flughafen ist wie Tempelhof ein zeithistorisches Denkmal an die Berlin-Blockade. Aber weil er nie zivil genutzt wurde - und wohl auch zu weit draußen liegt -, fanden sich keine Geschäftsleute, die bereit waren, eine Kampagne zur Rettung des Flughafens zu starten.

Die Lösung waren Bonner Beamte, die mit dem Regierungsumzug 1999 dort ein neues Zuhause finden sollten. Die Bundesregierung riss den westlichen Teil der Landebahn ab und plante auf gut 50 Hektar eine Neubausiedlung. Der Bund legte Straßen an, baute eine Grundschule, ein Gymnasium und ein Sportplatz, im Juni 1999 legte Bundesbauminister Franz Müntefering (SPD) persönlich den Grundstein. Rund 1.200 Beamtenfamilien sollten sich in der "Landstadt Gatow" ein Grundstück kaufen und dort ein Eigenheim hinstellen.

Störrische Beamte

Doch die Beamten wollten nicht nach Kladow, nur wenige griffen zu. Dabei hat sich die Bundesregierung richtig Mühe gegeben: "Die haben die Bonner in Bussen langgefahren, um ihnen die Grundstücke zu zeigen", sagt Nitsch. 200 Millionen Mark hatte die Bundesregierung für die Infrastruktur investiert. "Hier in Kladow haben einige gelächelt darüber, wie hoch der Aufwand ist und wie gering die Gegenliebe der Bonner", so Nitsch.

Aber von der Infrastruktur profitieren alle: Die alte Grundschule war zu eng geworden, ein Gymnasium gab es in dem Stadtteil vorher nicht. Die Kladower freuen sich auch, dass der Fluglärm weg ist - obwohl zuletzt nur noch selten Flieger hier starteten. Deutlich mehr störte die Hubschrauberstaffel. Und dass die Briten Kerosin in den nahen See leiteten, wie Nitsch erzählt.

Da die Beamten nicht wie erhofft zugriffen, können nun alle interessierten Häuslebauer hier ein Grundstück kaufen. Ein Quadratmeter des fertig erschlossenen Baulandes kostet 170 bis 195 Euro. Ein guter Mittelwert in Berlin: In Charlottenburg-Wilmersdorf, dem teuersten Bezirk, kostete der Quadratmeter im vergangenen Jahr nach den Zahlen des Gutachterausschusses für Grundstückswerte im Schnitt 668 Euro. Die günstigsten Grundstücke gibt es in Marzahn (durchschnittlich 99 Euro).

Idylle für Familien

In die Siedlung ziehen jetzt vor allem Familien mit Kindern. "Als unser Sohn Jannis unterwegs war, wollten wir aus der Stadt raus", sagt Michaela Uhl, die früher als Fremdsprachenkorrespondentin arbeitete und sich jetzt um ihr Kind kümmert. "Unser Sohn sollte nicht im Lärm und mit dreckiger Luft aufwachsen." Erst überlegte sie, mit ihrem Partner ins Umland zu ziehen. "Aber hier ist es genauso grün, und man ist näher dran an Berlin", findet Uhl.

Doch der Grundstücksverkauf läuft insgesamt weiter schleppend. Bis heute hat der Bund erst für knapp die Hälfte der Parzellen einen Käufer gefunden. Die Neubausiedlung besteht noch überwiegend aus Baulücken. Und aus so manchen Bausünden: Da steht eine Texas-Ranch direkt neben einer schwedischen Blockhütte, ein modern schlichter Bau mit klaren Linien direkt neben dem esoterisch angehauchten, gelb betupften Eigenheim. Viele Bauherren haben sich selbst verwirklicht, bei anderen reichte es nur zum billigsten Fertighaus - durch die Mischung aller Stile fehlt der Siedlung ein eigener Charakter. Hinzu kommt, dass die Straßen noch kahl sind - die Bäume sind noch längst nicht ausgewachsen.

"Ich finde den neuen Stadtteil positiv", sagt Uwe Ziesak, der für die SPD in der Bezirksverordnetenversammlung sitzt und selbst in Kladow wohnt. "Was sollte man auch sonst mit dem Gelände machen? Es ist gut, dass man hier eine Möglichkeit hat, Menschen in Berlin zu halten, statt sie an Brandenburg zu verlieren."

Eine "zusätzliche Attraktion für den Stadtteil" ist für Ziesak das Luftwaffenmuseum der Bundeswehr, das auf der östlichen Hälfte des einstigen Flughafens entstanden ist. Mehr als 100 Militärflugzeuge und -hubschrauber besitzt es, auf der Landebahn und dem Vorfeld stehen jetzt etwa ein Kampfhubschrauber Mi-24, ein Starfighter und das Transportflugzeug Antonow An-26. Im einstigen Tower sind Uniformen und die Ausrüstungsgegenstände der Piloten ausgestellt. "Die Bedeutung des Museums ist sicher überregional größer als regional", sagt Rainer Nitsch vom Kladower Forum. Zu den Messen auf dem Gelände reisen Militärbegeisterte aus ganz Deutschland an. Anschließend reisen sie gleich wieder aus Kladow ab, der Ort profitiert kaum davon. "Aber natürlich ist so ein öffentliches Luftwaffenmuseum besser als vorher, wo das alles Sperrgebiet war", findet Nitsch.

Lehren für die Politik

Ist der Senat, der in Tempelhof mehrere Neubausiedlungen plant, abgeschreckt vom schleppenden Verkauf der Grundstücke in Kladow? "Die beiden Lagen sind nicht zu vergleichen", sagt Manuela Damianakis, Sprecherin von Stadtentwicklungssenatorin Ingeborg Junge-Reyer (SPD). "Es gibt zwar keinen Wohnraummangel in Berlin, aber der Wohnungsmarkt ist doch ständig in Bewegung. Für kleinteiliges, aber städtisches Wohnen am Park in dieser Lage sehen wir eine hohe Nachfrage", so Damianakis. Und um auf Nummer sicher zu gehen, will das Land in Tempelhof nicht alles auf einmal verkaufen, wie der Bund es in Kladow probiert hat. Wenn der Grundstücksverkauf anfangs schlecht läuft, können die weiteren Phasen gestoppt werden, so Damianakis: "Das wird Stück für Stück entwickelt."

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