piwik no script img

FlughafenTeure Mitarbeiter fliegen

Der Bodenverkehrsdienstleister Acciona will den Betrieb einstellen. Der Betriebsrat vermutet, dass dieser versuchen will, mit Dumpinglöhnen neu anzufangen.

Dienst an der Maschine: Arbeiter mühen sich mit der Fracht eines Flugzeuges ab. Bild: dpa

Eine von zwei Bodendienstleistungsfirmen am Flughafen will aufhören, Koffer einzuladen, Flugzeugtanks zu füllen und Maschinen aufs Rollfeld zu schieben. Insgesamt 170 MitarbeiterInnen sollen entlassen werden. Das Unternehmen Acciona Airport Services soll bis auf weiteres nur noch als Briefkastenfirma in Hamburg bleiben.

Der Betriebsrat vermutet dahinter ein perfides Manöver: Die zu guten Konditionen beschäftigten Mitarbeiter würden entlassen, damit die Firma entweder teuer verkauft oder nach einer Pause mit billigeren Mitarbeitern weiterbetrieben werden könne. Am morgigen Mittwoch versuchen Betriebsrat und Geschäftsführung ein letztes Mal, vor einer Einigungsstelle einen Kompromiss zu finden.

Die Hamburger Niederlassung gehört zu einer Tochter des spanischen Acciona-Konzerns, die in weiteren deutschen und spanischen Flughäfen Bodendienste anbietet. In Hamburg ist sie die einzige Konkurrentin von Groundstars, einer Tochtergesellschaft des Hamburger Flughafens, die ohnehin schon den Löwenanteil des Geschäfts abwickelt. Mindestens zwei Anbieter von Bodendiensten schreibt die Europäische Union für einen Flughafen der Größe Hamburgs vor. Sollte Acciona dauerhaft den "operativen Betrieb" einstellen, müsste die Wirtschaftsbehörde per europaweiter Ausschreibung einen neuen Anbieter suchen.

Acciona Hamburg begründete die Kündigungen damit, einen großen Kunden an Groundstars verloren zu haben. Der Betriebsrat lässt das nicht gelten: Der Flughafen Hamburg habe Acciona angeboten, einen Teil dieses Geschäfts als Subunternehmer weiter zu betreiben. Acciona habe das ebenso abgelehnt, wie die Vorschläge des Betriebsrates zur Rettung möglichst vieler Arbeitsplätze - etwa die Idee, Beschäftigte den Betrieb übernehmen zu lassen.

Der Betriebsrat wirft der Geschäftsleitung vor, die bisherigen Verhandlungen mit immer neuen Forderungen torpediert zu haben. "Wir vermuten, dass so verhandelt werden sollte, dass der Betriebsrat irgendwann ,Nein' sagen musste", sagt der Betriebsratsvorsitzende Ergün Sert.

"Sie machen die Braut schön", vermutete sein Stellvertreter Paul Djavad-Zade. Der Betrieb ohne Belegschaft sei attraktiv für Käufer, die dann Lohndumping betreiben könnten. Verschiedenen Quellen zufolge soll die türkische Çelebi Holding daran interessiert sein, die deutschen Acciona-Bodendienste zu übernehmen. Um eine neue Ausschreibung zu umgehen, müsste ein Käufer nach Auskunft der Wirtschaftsbehörde alle Acciona-Bodendienste in Deutschland kaufen. Acciona war wegen eines Feiertages in Spanien am Montag nicht zu erreichen.

Der Hamburger Flughafen hat unterdessen angekündigt, er würde rund 90 Acciona-Beschäftigte in ein festes Arbeitsverhältnis übernehmen. "Das sind langjährige, gut ausgebildete, sicherheitsüberprüfte Mitarbeiter", sagt Flughafen-Sprecherin Stefanie Harder. So leicht seien solche nicht zu finden.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!