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Flughafen will „Sonderstartbahn“

■ Ein Gutachten soll klären, ob die Flughafen-Startbahn aus ökologischen Gründen auf ganzer Länge genutzt werden kann

In der langatmigen Antwort des Senats auf eine Anfrage der CDU zur „Weiterentwicklung der Flughäfen in Bremen...“ steht ein brisanter Satz: „Die Frage“, heißt es da, „ob gegebenenfalls aus Umweltschutzgründen und zum Schutz der Anwohner eine weitere Nutzung der Sonderstartbahnen (2 x 300 Meter) sinnvoll ist, wird zurzeit gutachterlich geprüft.“

Die Sprecherin der Initiative der Anwohner gegen den Fluglärm, Monika Morschel, lacht laut, als sie davon hört. „Das ist ja ein Witz“, sagt sie. „Zum Schutze der Anwohner“ die Sonderstartbahn nutzbar machen! Denn diese jeweils 300 Meter an beiden Seiten der Startbahn waren 1991 ausschließlich für den Airbus-Flügeltransport genehmigt worden. Der Bauer Wähmann als Flughafen-Anrainer hat dies im Grundbuch seiner Wiese eingetragen, die Gemeinde Stuhr in dem so genannten „Stuhr-Vertrag“ zugesichert bekommen.

Ganze Siedlungen sind im Bereich der Start- und Landebahn geplant und gebaut worden in dem guten Glauben, geltende Lärmschutz-Regelungen würden auch weiterhin respektiert. Die Anwohner sind strikt gegen die allgemeine Nutzung der 300 Meter Sonder-startbahn, weil dann die Flugzeuge noch dichter über ihre Häuserdächer fliegen könnten und zudem laute Langstrecken-Flugzeuge, für die die Bremer Bahn zu kurz ist, nach Bremen gelockt werden.

Siegfried Spörer, Sprecher der Flughafen-AG, sieht das anders. Seit Mitte der 60er Jahre, das zeigt seine Statistik, ist die Zahl der Flugbewegungen etwa konstant geblieben. Zum Teil fliegen heute größere Flugzeuge, die Zahl der Starts der Fliegerschule hat abgenommen. Eine Million Passagiere mehr muss nicht ein Drittel Starts mehr bedeuten. Und neue größere Flugzeuge können weniger Lärm machen als kleine alte. Das Gutachten, ja, das hat die Flughafen-AG in Auftrag gegeben, bestätigt Spörer, schon vor Monaten. Öffentlich gemacht wurde das bisher nicht. Es solle geprüft werden, ob es nicht sinnvoller sei, wenn die Flugzeuge 300 Meter früher ihren Start-Anlauf beginnen.

Aber wer garantiert, dass die längere Startbahn nicht nur für Angebote an schwerere Flugzeuge angenutzt würden? Ein Non-Stop-Flug nach New York, versucht Spörer diese Sorge zu zerstreuen, ist erst ökonomisch bei einem täglichen Fahrgastaufkommen von 300 Fluggästen. Aus Bremen wollen täglich aber nur 29 nach New York.

Die Anwohner haben aber schlechte Erfahrungen gemacht mit bremischen Erklärungen zur Sonderstartbahn. Als im Frühjahr Dasa-Testflüge über die Sonder-startbahn rasten und der Bauer Wähmann vor Gericht ging, stellte das Verwaltungsgericht in einer „einstweiligen Anordnung“ fest, die Starts verletzten „offensichtlich“ die Rechte des Bauern und müssten eingestellt werden. Das Oberverwaltungsgericht hob die Anordnung auf mit der Begründung, es entstehe für den Bauern „kein gravierender Nachteil“ durch die staatliche Rechtsverletzung. Nach diesem Urteil stellt sich die Frage, welche Vertrauensgrundlage es zwischen Behörde und Anwohnern noch geben kann. K.W.

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