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Flüchtiges Gold

Dank Erdgas wird sogar die Wäsche wieder weiß, und Energie spart man mit dem fossilen Brennstoff auch noch  ■ Von Martin Kaluza

Die Berliner haben ihn zum großen Teil direkt im Haus, kochen und backen ihr täglich Brot damit und betreiben mit dem flüchtigen Gold gar ihre Heizanlage (siehe Kasten). Doch damit sind die Möglichkeiten der Erdgasnutzung noch lange nicht ausgeschöpft – sagen jedenfalls die Experten. Alles heiße Luft? Das kommt der Sache schon recht nahe.

Briten zum Beispiel nutzen den schadstoffärmsten fossilen Brennstoff schon seit langem, um ihre Wäschetrockner zu beheizen. Der Wirkungsgrad der eingesetzten Energie ist gegenüber elektrischen Trocknern deutlich höher. Das Verfahren spart Rohstoffe und vermindert den Kohlendioxid- Ausstoß. Daß es sich auf der Insel durchgesetzt hat, liegt allerdings weniger an seinen Pluspunkten für die Umwelt. Vielmehr setzt der Hersteller Crosslee seine Gaswäschetrockner immer noch flächendeckend ab, weil in vielen Haushalten die Elektronetze so schwach sind, daß möglichst wenige stromintensive Geräte angeschlossen werden. Auf dem deutschen Markt hingegen war ein solches Gerät lange nicht in Sicht.

Das hat sich im letzten Jahr geändert. Die Firma Miele hat mit dem T 478 G einen Wäschetrockner auf den Markt gebracht, der sich von anderen computergesteuerten High-Tech-Trocknern rein äußerlich zunächst kaum unterscheidet.

Klaus Michael vom Detmolder Niedrigenergieinstitut erinnert sich an seine erste Begegnung mit einem Gastrockner in den USA: „Ich war zunächst etwas besorgt, als ich dicht hinter meinen Unterhosen die Gasflammen züngeln sah.“ Zwar sei nun Miele nicht der erste Hersteller, der Gastrockner baue. Aber es sei ihm zugute zu halten, daß er ein Gerät entwickelt hat, das auf den verwöhnten deutschen Markt zugeschnitten sei. Der Schreck bleibt denn bei dem Miele-Trockner auch aus. Der Brenner ist gründlich verkapselt und verpackt; das einzige, was der Hausmann oder die Hausfrau brennen sieht, ist ein Kontrolllämpchen (elektrisch betrieben).

Die Energiebilanz läßt sich sehen: Das Gerät verbraucht 43 Prozent weniger Primärenergie als ein vergleichbarer Elektrotrockner und verursacht 48 Prozent weniger Kohlendioxid-Emissionen.

Zudem drückt die Gasheizung die Betriebskosten pro Waschgang von 89 auf 32 Pfennig. Damit sind nach Berechnungen des Herstellers die 700 Mark Mehrkosten bei der Anschaffung nach etwa fünf Jahren wieder eingespart. Das Gerät ist auf eine Lebensdauer von zwanzig Jahren ausgelegt. Als Anschluß reicht eine einfache Gassteckdose aus. (Zusammen mit vier, fünf Metern Rohr kostet sowas noch mal um die 300 oder 400 Mark zusätzlich.)

Theoretisch könnte man gasbetriebene Wärmequellen auch in Waschmaschinen und Geschirrspüler einbauen. Allerdings würde sich hier (ähnlich wie bei gasbetriebenen Kaffeemaschinen, Bügeleisen oder Heizdecken) der apparative Aufwand kaum lohnen. Weniger umständlich ist es, schon bestehende Warmwasserquellen zu nutzen: Wer sein Wasser mit Gas erhitzt, kann sich das zunutze machen, indem er sich Geräte mit Warmwasserzulauf ins Haus stellt. Das warme Wasser wird direkt in die Spül- oder Waschmaschine gepumpt, die elektrischen Heizstäbe bleiben kalt. Der Vorteil liegt auf der Hand: Schließlich ist der Strom, der aus der Steckdose kommt, nach Wärme- und Umspannverlusten nur noch ein Schatten der im Kraftwerk freigesetzten Energie. Selbst bei einigermaßen schonenden Gaskraftwerken kommen im Haushalt gerade einmal dreißig Prozent der Energie an. Wird dieser Strom dann auch noch zum elektrischen Heizen benutzt, kommen weitere Verluste hinzu. Hingegen bei guter Isolierung und moderner Heiztechnik bleiben bei der Gasverbrennung im eigenen Haus bis zu neunzig Prozent der Energie im Kessel.

Das spart Strom und Geld: Schließlich macht der Strom zum Aufheizen der Waschlauge den größten Teil der Betriebskosten einer Waschmaschine aus. Noch besser ist es natürlich, wenn das Warmwasser aus einer Solaranlage stammt.

Eine handvoll solcher Waschmaschinen sind bereits auf dem Markt, bei Geschirrspülern gehört der Warmwasserzulauf schon fast zur Standardausstattung. Freilich macht das System nur Sinn, wenn nach dem Aufdrehen schnell warmes Wasser aus dem Hahn kommt.

Wer zumindest einen Teil seines Lebens auf Campingplätzen verbracht hat, wird wissen, daß man mit Gas nicht nur heizen, sondern auch kühlen kann. Anders als die kompressorgetriebenen Kühlschränke, die summend in den meisten Küchen stehen, brauchen Campingkühlschränke eine Wärmequelle, um in einem ausgefuchsten Verfahren Kälte zu erzeugen. Kühlschränke verbrauchen aber nicht annähernd soviel Energie wie Waschmaschinen oder Wäschetrockner, ihr Nutzen für die Umwelt dürfte also vergleichsweise gering sein. Zudem sind Gaskühlschränke nicht ganz billig. Sie werden vor allem dort eigesetzt, wo kein Stromanschluß vorhanden ist und die Installation nicht lohnt, etwa in Wohnwagen, in Ferienhäusern oder Hütten.

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