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■ KommentarFleischesfrust

Der Ekel sei gewachsen, der Konsum in etwa gleichgeblieben: Ergebnis einer Spontan-Umfrage unter den MitarbeiterInnen der taz hamburg. Obwohl die Mehrheit, verlegen lächelnd, nicht den Zusatz vergißt: „Gleichbleibend wenig, natürlich“.

„Natürlich“: Ein Wort mit einem merkwürdigen Beigeschmack, denn es geht um Fleisch. Mit „Natürlichkeit“ hat das, was wir aus deutschen Mastboxen unfrisch auf den Tisch bekommen, nur noch entfernt zu tun. Aber das wissen wir „natürlich“ nicht erst seit gestern, das wissen wir schon seit Jahren, spätestens seit vorigen Oktober, als die Hamburger Verbraucherzentrale den Fleisch-Skandal im Supermarkt aufdeckte.

Und „natürlich“ hat sich an den Zuständen hinter der Fleischtheke und in der Kühltruhe genauso wenig geändert wie an den Konsumgewohnheiten der Verbraucher. Und dafür gibt es, „natürlich“, Schuldige zuhauf.

Die Fleischproduzenten, denen „natürlich“ ihr Bankkonto wichtiger ist als der Brechreiz, den ihre Waren auslösen. Die Händler, die neue Haltbarkeitsdaten auf Hack und Hühnchen kleben, bis der Gestank unhaltbar wird. Die staatlichen Lebensmittelkontrolleure, die nicht so schnell kontrollieren können wie geschlachtet wird, weil sie „natürlich“ viel zu wenige sind. Die Politiker, die „natürlich“ am Verbraucherschutz eher sparen als an den Subventionen für die Fleisch-Lobby.

Und Leute wie den Autor, der das alles zum Kotzen findet, mit dem Finger auf andere zeigt und sein eigenes Konsumverhalten schon ziemlich häufig reflektiert hat, ebenso selbstkritisch wie folgenlos.

Aber diesmal wird „natürlich“ alles anders.

Sven-Michael Veit

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