Die Position der Basis zum Krieg in Afghanistan: Fischers Utiopia
betr.: „Die Grünen stehen alleine da“, taz vom 16. 10. 01
Wenn Claudia Roth nach ihren Besuchen in Pakistan, durch das Elend geschockt, vorsichtig sich auf die Position der Basis zurückzieht und sich hinter der Menschenrechtskommissarin der UNO versteckt und eine Pause in den Flächenbombardements fordert, so hat sie die ganze Fronde der „uneingeschränkten“ Unterstützer der USA gegen sich. Bleibt abzuwarten, wie die von der Basis längst abgehobenen „Führer“ sich verhalten, die jede kritische Überlegung als Gefahr für ihre Posten in der Koalition ansehen.
Übrigens sei dem offensichtlich vom Anblick zweier Ruinen in New York geschockten Bundeskanzler empfohlen, als Gegentherapie sich mal das Elend der seit Jahren auch von den USA und der westlichen Welt im Stich gelassenen afghanischen Männner, Frauen und Kindern anzusehen. Vielleicht wird er dann zu einem ausgewogenen Urteil kommen. GERHARD ROSENBERG, Berlin
Nicht Friedensdemos und pazifistische Beschlüsse der grünen Basis (provinziell) verändern die Welt, sondern machtvolle geopolitische Akteure. Fischer – ganz Staatsmann (nicht provinziell) – versucht deshalb unermüdlich den europäischen Integrationsprozess voranzutreiben, um endlich ein (auch militärisch) erstarktes Europa auf die geopolitische Weltbühne hieven zu können. Fischers Europa als Vertreterin von Menschenrechten und globaler Gerechtigkeit als Gegenpart zur amerikanischen Politik der verbrannten Erde. Die schöne neue Weltordnung des Staatsmanns J. Fischer! Doch wird ein militärisch aktives und ökonomisch starkes Europa einmal ein besseres Amerika sein können? Was, wenn die Fischers einmal Vergangenheit sind und die Haiders und die Kochs mit Banken, Automobil- und Ölkonzernen europäische Interessen definieren? Mehr Gerechtigkeit in der Welt, so Fischer, wird es nur mit einem mächtigen, aber friedliebenden Europa geben. Fischers Utopia!
Der Weg dorthin kann für ihn nur über die Amerikaner führen. Von Amerika lernen heißt siegen lernen. Hoffentlich sehen die Amerikaner in Fischer den Staatsmann mit Visionen und nicht den grünen Provinzpolitiker und hören hin und wieder beim Kriegführen auf ihn, sonst könnte sich die Partei der Grünen samt der Visionen ihres Frontmanns – bald als Kollateralschaden (Selbstmord durch Dolchstoß der pazifistischen Basis?) auf dem Schlachtfeld der Geschichte wiederfinden. Bin Laden treibt eben sein Unwesen überall, auch in der Partei der Grünen.
WINFRIED THIESSEN, Marburg
Es ist längst an der Zeit, dass die Grünen deutlich sagen, dass sie den Teil der Bevölkerung vertreten, der Krieg ablehnt und nicht will, dass Deutschland und Europa in den Krieg ziehen. Auch wenn die Koalition deshalb platzt, ist es zum Wohle Deutschlands und der Welt, sich nicht länger an einer Koalition zum internationalen Morden zu beteiligen. Es ist an der Zeit, den notwendigen Bruch mit einer unwürdigen unmenschlichen Koalition zu vollenden, um die notwendige Kurskorrektur der Politik mit der Unterstützung der ganzen Bevölkerung zu schaffen. [...]
LUZ MARÍA DE LENKAIT, Meerbusch
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