: Fischer bürgt für grünen Krach
Die Entscheidung der Bundesregierung, eine Bundesbürgschaft für den Bau eines Atomkraftwerks zu erteilen, sorgt für heftige grüne Proteste. Fraktionsspitze sieht den Beschluss dagegen als „Teilerfolg“
BERLIN taz ■ Wenige Tage vor dem Parteitag der Grünen gerät Außenminister Fischer (Grüne) wegen seiner Zustimmung zu einer Regierungsbürgschaft für den Bau eines Atomkraftwerks in China in heftige Kritik seiner Partei. Wie die taz gestern berichtete, will die Bundesregierung die Lieferung deutscher Technologie für insgesamt mindestens drei Atomkraftwerke finanziell absichern.
Claudia Roth, Menschenrechtsexpertin der grünen Bundestagsfraktion, kritisierte die Entscheidung im taz-Interview als „schädlich und falsch“. Man könne nicht auf der einen Seite sagen, die wirtschaftliche Zusammenarbeit müsse mit Demokratisierung einhergehen, „und dann sendet man die Entscheidung aus, wir unterstützen den Bau eines Atomkraftwerkes“. Außerdem sei die Entscheidung „angesichts der Ausstiegspolitik der Bundesregierung völlig unverständlich“. Man könne nicht sagen, „wir steigen aus, weil es zu gefährlich ist“, und gleichzeitig in China den Bau eines neuen AKWs unterstützen.
Der stellvertretende Vorsitzende des Umweltausschusses, Winfried Hermann, kritisierte Außenminister Joschka Fischer direkt: Die Bürgschaft sei „eine stinkende, giftige, strahlende Kröte – die hätte er nicht schlucken dürfen“. Hermann wirft Fischer vor, seine Partei übergangen zu haben. Drei Tage vor dem Parteitag sei die Entscheidung „Wasser auf die Mühlen derer, die sagen, wir haben uns von der Atomindustrie schon viel zu lange vorführen lassen“.
Die beiden Fraktionsvorsitzenden Müller und Schlauch verteidigten die Entscheidung dagegen als „Teilerfolg“. Immerhin sei die Unterstützung zahlreicher Atomprojekte verhindert worden. Die Zusage für das AKW in China sei „aus grüner Sicht unbefriedigend“. Im Rahmen einer Paketlösung habe man aber nachgeben müssen.
Nach Informationen der taz ist über das Paket noch nicht endgültig entschieden. Fest stehen nur die Zusagen. Was aus den acht weiteren beantragten Krediten für Atomprojekte in aller Welt werden wird, ist offen. TINA STADLMAYER
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