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„Firlefanz„-Wirt: „Überreaktion von mir“

■ Wirt bestreitet die Vorwürfe weiblicher Gäste

In dem Ostertor-Lokal „Firlefanz“ klafft seit zwei Wochen eine unübersehbare Lücke zwischen den wandschmückenden Theater-Plakaten. Auch hat das Lokal einen leichten Besuchs -Rückgang zu verzeichnen. Das sind Folgen einer Auseinandersetzung zwischen dem Wirt und fünf weiblichen Gästen, die sich am den 22. September abgespielt hat. Ein taz-Bericht und Flugblätter der betroffenen Frauen hatten das Lokal ins Gerede gebracht. In dem Flugblatt heißt es: „Frauen, begebt Euch nicht in Gefahr! Der Wirt schlägt Frauen und bedroht sie mit dem Messer.“ Die Gleichstellungsstelle forderte, dem Wirt die Schankerlaubnis zu entziehen.

Die Version der fünf Frauen: Sie hatten den Besuch eines Frauen-Computerkongresses mit einem kurzen Besuch im „Firlefanz“ beschließen wollen. Nachdem eine von ihnen dort das Plakat zur Oper „Die Liebe zu den drei Orangen“ entdeckt und es alle fünf für „sexistisch“ befunden hatten, riß eine das Plakat von der Wand. Der Wirt und ein Gast protestierten. Nach kurzer Debatte vertieften sich die Frauen wieder in ihr Gespräch. Nach einer knappen Stunde kassierte der Wirt die Zeche; die Frauen verließen das Lokal.

Der Wirt folgte ihnen mit einem langen Messer in der Hand. Karin Bergdoll, die das Plakat entfernt hatte, „fühlte sich bedroht“ und erstarrte. Der Wirt schnitt mit dem Messer den Riemen ihrer Handtasche durch und machte kehrt.

Als die Frauen sich von dem Schock erholt hatten, gingen sie ins Lokal zurück und stellten den Wirt zur Rede. Im Zuge dieser Auseinandersetzung „scheuerte“

(so Karin Bergdoll) der Wirt der Hochschullehrerin Susanne Schunter-Kleemann „eine“ und die Brille der Frau flog zu Boden. Karin Bergdoll pfefferte zwei Gläser in die Vitrine. Gewaltsam drängte der Wirt die Frauen aus dem Lokal.

Der Wirt bestreitet vor allem zwei Punkte: Er habe sich zwar in der Küche des Lokals ein Messer geholt und sei damit den Frauen gefolgt, doch habe er die Frauen „nicht bedroht“. Er habe lediglich mit dem Küchenmesser den Riemen der Handtasche zerschnitten. Peter H.: „Bei mir hatte sich der unüberlegte Gedanke festgesetzt, daß ich derjenigen, die mir was kaputt gemacht hat, auch was kaputt mache. - Das war eine Überreaktion von mir. Ich hätte die Frauen gleich des Lokals verweisen sollen.“ Warum hat er auf das Abreißen des Plakats „überreagiert“? „Von Frauen um die vierzig erwarte ich, daß man sowas verbal abklären kann. Die schienen mir ideologisch festgefahren. Ich hatte den Eindruck, daß das Bestreben, was Gleichberechtigung angeht, bei denen umgekippt ist.“

Nochin Punkider Darstellung der Frauen bestreitet er vehement: „Das ist eigentlich der stärkste Hammer, daß ich eine Frau geschlagen haben soll.“ Er hätte sich lediglich hinter der Theke mit einer Armbewegung aus der bedrohlichen Nähe der Frauen befreien wollen: „Ich hab‘ versucht, Abstand zu kriegen. Ich hab nicht zugeschlagen.“

Mit den beiden unterschiedlichen Versionen werden sich bald PolizeibeamtInnen beschäftigen können. Die Frauen wollen Strafanzeige erstatten. Auch der Wirt behält sich diesen Schritt vor.

B.D.

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