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Archiv-Artikel

Finanzminister vertagen Regeln für Krisenbanken

BANKENUNION Bei Pleiten von Geldinstituten sollen deren Aktionäre als Erste ran. Alles Weitere ist offen

LUXEMBURG rtr | Die Finanzminister der Europäischen Union können sich nicht einigen, nach welchen Regeln zusammengebrochene Banken künftig abgewickelt werden sollen. Am Samstagmorgen brachen sie ihre Beratungen in Luxemburg ab. Am Mittwoch soll ein neuer Anlauf unternommen werden. Letztlich scheiterte die Verhandlung Diplomaten zufolge an einem Streit zwischen Deutschland und Frankreich darüber, wie viel Entscheidungsspielraum die Mitgliedsländer bekommen.

Im Mittelpunkt stand der Beitrag, den Eigner und Gläubiger zur Sanierung von Krisenbanken leisten sollen. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) will, dass sie dem Steuerzahler das Risiko für eine Pleite abnehmen müssen. Frankreichs Finanzminister Pierre Moscovici hat dagegen Vorbehalte gegen die Gläubigerbelastung. Er fordert eine Regelung, nach der im Extremfall doch staatliche Finanzspritzen zur Bankenrettung möglich wären.

Konkret sah der jüngste Entwurf vor, dass im Krisenfall mindestens 8 Prozent der Verbindlichkeiten einer Bank wie Aktienkapital, Anleihen oder Kundeneinlagen eingesetzt werden müssten, wenn Verluste zu decken sind. Frankreich, Großbritannien und Schweden befürchten, dass es zum Sturm auf Banken kommen könnte, wenn Kontoinhaber an der Rettung von Instituten beteiligt würden.

Die Meinungen gingen auch darüber auseinander, inwieweit die Mitgliedstaaten selbst festlegen können, ob Besitzer von Bankanleihen oder vermögende Sparer zur Kasse gebeten werden können. Allerdings herrschte Einigkeit über die Reihenfolge, in der das passieren soll: Zuerst müssen Aktionäre bluten, dann die Besitzer von Anleihen und an letzter Stelle die Einlagen über 100.000 Euro. Privatpersonen sowie kleine und mittlere Unternehmen wären so erst am Schluss an der Reihe.

Die EU-Länder wollten das Abwicklungsgesetz eigentlich bis Ende Juni auf den Weg bringen. Sobald sich die EU-Staaten einig sind, stehen die Verhandlungen mit dem Europäischen Parlament bevor.

Die Vorschriften sind der wichtigste Pfeiler der Bankenunion, mit der in Zukunft neue Bankenkrisen verhindert werden sollen. Hinzu kommt die zentrale Bankenaufsicht für die Eurozone unter Leitung der Europäischen Zentralbank, eine Reform der Einlagensicherung und ein neues Instrument für Hilfen des Rettungsfonds ESM an Krisenbanken.

Die letzten Rettungsaktionen für Banken zwischen 2008 und 2011 hatten ein Drittel der Wirtschaftsleistung der EU-Staaten gekostet. Bislang ging die Rechnung an den Steuerzahler. Deswegen wäre die Einigung auf die neue Regeln für angeschlagene Banken eine radikale Wende in der Krisenpolitik. Inhaber großer Guthaben wurden erstmals in diesem Jahr in Zypern für eine Bankenrettung herangezogen.