piwik no script img

FinanzkriseNordbank nicht übern Berg

Der HSH-Vorstand habe ein "desaströses Geschäftsergebnis" schön geredet, sagt Hamburgs Linksfraktion. Die SPD will Bankchef Nonnenmacher erneut vorladen: Er habe der Bürgerschaft Informationen vorenthalten.

Rutscht der Rest hinterher? Die angeschlagene HSH Nordbank steht weiterhin am Abgrund, meint die Hamburger Linksfraktion. Bild: dpa

Die Lage der HSH Nordbank ist möglicherweise schlechter als das deren Vorstand glauben machen will. "Es ist unglaublich, wie man ein derart desaströses Geschäftsergebnis schönreden kann", sagte Joachim Bischoff von der Fraktion Die Linke in der Hamburger Bürgerschaft. "Noch ein weiteres Quartal mit solchen Geschäftsergebnissen und die Fortführung der Bank ist in der derzeitigen Struktur aussichtslos." Die ebenfalls oppositionelle SPD kündigte unterdessen an, sie wolle Bankchef Dirk Jens Nonnenmacher ein weiteres Mal vor den Untersuchungsausschuss der Bürgerschaft laden. SPD-Obmann Thomas Völsch vermutet, das Nonnenmacher bei seiner ersten Vernehmung brisante Fakten verschwiegen hat.

Die Nordbank hatte sich selbst kürzlich bescheinigt, auf dem richtigen Weg zu sein. Die Bank sei das fünfte Quartal in Folge innerhalb ihrer Planung geblieben, sagte Nonnenmacher. Die Kosten der Neuausrichtung außen vor lassend, habe sie 170 Millionen Euro Miese gemacht - fast 60 Millionen mehr als im ersten Quartal 2009 - aber eben "auf Planniveau". Die Risikovorsorge habe man "nur" um 329 Millionen Euro aufstocken müssen - gegenüber 424 Millionen 2009.

Die Linke zeichnet ein anderes Bild: Einschließlich Restrukturierungskosten habe die Bank 320 Millionen Euro verloren, fast doppelt soviel wie im Vergleichsquartal 2009. Dass 100 Millionen davon für die Verlustgarantie der Länder Hamburg und Schleswig-Holstein bezahlt wurden, ändere nichts an der Sache, weil erst die Garantie der Bank ermögliche, sich günstig zu refinanzieren.

Quartalsbilanz

Mit den Quartalszahlen bieten börsennotierte Unternehmen einen laufenden Überblick über ihre Entwicklung.

Ihre Bilanzsumme baute die HSH Nordbank planmäßig weiter ab: von 207 Milliarden Euro im ersten Quartal 2009 auf 173 Milliarden im ersten Quartal 2010.

Im Ergebnis vor Steuern verlor die Bank 320 Millionen Euro im Vergleich zu 159 Millionen im Vorjahresquartal.

In die Gewinnzone will die HSH Nordbank nach wie vor im kommenden Jahr zurückkehren.

Der Cash-Flow aus Einnahmen und Ausgaben der laufenden Geschäftstätigkeit entwickelte sich stark negativ: von minus 452 Millionen Euro auf mehr als eine Milliarde Geldabfluss. "Von einem tragfähigen Geschäftsmodell kann nicht einmal in Ansätzen die Rede sein", sagt Bischoff. Überdies hätten sich die Barreserve und die Gewinnrücklage beinahe halbiert. Und weil die Ratingagentur Standard&Poors die Bank ob solcher Zahlen herabgestuft habe, sei ihr kurzerhand gekündigt worden.

Bischoffs Interpretation sei nicht stimmig und ziehe falsche Schlüsse, kommentierte eine HSH-Sprecherin. "Das schadet dem Erfolgskurs der Bank."

Auch Peter Tschentscher, Bischoffs Kollege von der SPD, sieht die Lage weniger dramatisch. "Man ist sicher nicht übern Berg", sagt er. Aus den Quartalszahlen lasse sich aber nicht erkennen, dass sich die Lage der Bank wesentlich verändert hätte. Schon von der Höhe her seien die Beträge, die Dritte der Bank schuldeten, erschreckend: In diesen 112 Milliarden Euro stecke ein großes Risiko. Sorgen macht Tschentscher das nach wie vor starke Engagement der Bank in der Schifffahrt, obwohl dort die Nachfrage wieder anzieht. Positiv sei, dass die Summe, für die die Länder haften, 2009 um drei Milliarden Euro geschrumpft sei.

Im Untersuchungsausschuss möchte die SPD das Motiv ermitteln, warum sich der Bankvorstand auf die verlustreichen Geschäfte Omega und St. Pankras eingelassen hat. Damit waren Risiken vorübergehend aus der Bank ausgelagert und das Verhältnis zwischen Risiko und Eigenkapital verbessert, sprich: die Bilanz geschönt worden. Obmann Völsch vermutet, dass die Bank versuchte, mit diesem Trick Vorgaben des Haftungsverbundes der Sparkassen und Landesbanken einzuhalten.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!