■ Filmstarts à la carte: Der personifizierte Blondinenwitz
Es sei, „als ob man Hitler küßt“, befand Tony Curtis über die Zusammenarbeit mit Marilyn Monroe, und auch Robert Mitchum sprach ihr jede Art von Sex- Appeal vollständig ab. Die Kinozuschauer sahen das jedoch anders, und so glich die Karriere der Monroe einem Blondinenwitz ohne Ende: Kaum einmal wurde von ihr mehr verlangt, als mit dem reizenden Hintern zu wackeln und mit ihrem süßen Stimmchen reiche Sugar-Daddys und andere Trottel zu betören. Verständlich, daß sich die Monroe vom Stereotyp der dummen Blondine schließlich nicht länger herausgefordert fühlte. Ob allerdings der Schauspielunterricht bei Lee und Paula Strasberg im Actor's Studio und ihre Ehe mit dem Dramatiker Arthur Miller entscheidende Beiträge zu ihrer Selbstverwirklichung leisten konnten, mag heute eher bezweifelt werden. Doch vielleicht erfährt man ja etwas Neues aus Marilyns Spätphase, wenn die Filmjournalistin Christa Maerker am 3.8. im Arsenal- Kino ihr Buch über die Beziehung der Schauspielerin zum intellektuellen Schriftsteller Miller vorstellt. Aus Anlaß der Buchpräsentation zeigt das Arsenal vom 2.8. bis zum 5.8. vier Monroe-Filme, die als Cinemascope- Produktionen Mitte der fünfziger Jahre für die Twentieth Century Fox entstanden. Otto Premingers „River Of No Return“ bleibt der interessanteste: Trotz Cowboys und Indianern weniger ein Western als vielmehr ein Film über zwei Menschen, die im Verlauf einer gefahrvollen Reise lernen, wie man am besten die Breite des Cinemascope-Formats überwindet, um sich näherzukommen.
5.8. im Arsenal
Er war eine Art Don Quichotte des Kinos: In den nur fünf Spielfilmen, die Jacques Tati zwischen 1949 und 1971 drehte, kämpft der Schauspieler und Regisseur immer mit den Waffen der Komik gegen die Kälte und Seelenlosigkeit der modernen Welt. Mangelnde Spontaneität in der bis ins kleinste geregelten Welt der Kleinbürger – dagegen setzte Tati die (unfreiwillig) anarchische Individualität der von ihm verkörperten Figuren. So stürzt der Briefträger François in „Jour de Fête“ („Tatis Schützenfest“) sein Dorf ins Chaos, als er nach dem Vorbild der amerikanischen Post neue Methoden effizienter Briefzustellung ausprobiert. Für seinen zweiten Spielfilm, „Die Ferien des Monsieur Hulot“, erfand Tati seinen populärsten Charakter, dem er auch in seinen folgenden Werken treu bleiben sollte: Mit linkischem Charme und penetranter Hilfsbereitschaft enerviert der liebenswerte Chaot Monsieur Hulot die Gäste eines französischen Badeortes, in dem der Urlaub geregelt ist wie sonst die Arbeit: Die Glocke, die zu den regelmäßigen gemeinsamen Mahlzeiten ruft, setzt jeglicher Aktivität am Strand ein sofortiges Ende, ein ehemaliger Major leitet das gemeinsame Picknick wie ein militärisches Manöver, und wehe, das allabendliche Kartenspiel wird durch Hulot mit seinen lauten Jazzplatten oder seinem Hang zum Tischtennisspielen gestört. Jacques Tatis Humor entspringt der scharfen Beobachtung des Alltagslebens, sein Witz ist eher leise und fordert den Zuschauer zum Mitdenken auf. In einer Zeit des Dampfhammer-Humors äußerst wohltuend.Lars Penning
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen