: Filme ohne Popcorn
■ Franz Stadler vom „Filmkunst 66“ will die Off-Kinos aus der Versenkung zurückholen
taz: Herr Stadler, wie wollen die Betreiber der Independent Cinemas angesichts neuer Multiplex-Eröffnungen ihrer Verdrängung aus der Kino-Landschaft begegnen?
Franz Stadler: Es gibt einen Zusammenschluß dieser Kinobetreiber. Eine Maßnahme war die Schaffung eines gemeinsamen Plakats. Jetzt erscheint im vierzehntäglichen Rhythmus ein Programmheft, das die alten Poster abgelöst hat. Jeder redet im Moment von Multiplexen, jeder geht hin, da gerät unsere Art von Kino leicht in Vergessenheit. Wir müssen deshalb alles mögliche unternehmen, dem entgegenzusteuern – nicht nur durch ein gutes Programm. Denn was nutzt das tollste Programm, wenn es niemand wahrnimmt.
Die Besucherzahlen der Programm-Kinos sind rückläufig. Mit einem Heft schlagen Sie nicht die Konkurrenz der Multiplexe.
Das Heft kann nur ein Baustein sein. Wir arbeiten an einem „10-Punkte-Programm“, mit dem wir noch mehr ins Bewußtsein der Zuschauer rücken können. Unsere Stärke bleibt das qualitätvolle Programm. Manche Filme kann man nur bei uns sehen. Unsere Stärke ist die Individualität eines Programmprofils.
Die jungen Zuschauer zeigen den von Ihnen benannten „qualitätvollen Programmen“ doch die kalte Schulter. Wie wollen Sie das jüngere Publikum wieder vor die Leinwand locken?
Die jungen Erwachsenen kommen auch, aber weniger als früher. Wenn ich spezifische Festivals mache, so wie das Japanische Festival, das im Filmkunst 66 lief, dann besteht der größere Publikumsschwerpunkt aus jungen Leuten. Das zeigt, daß ich mit einem ungewöhnlichen Angebot auch junge Leute ins Kino holen kann.
Trotzdem überwiegt in der normalen Programmstruktur doch eher der ältere Cineast, eine aussterbende Spezies.
Das Publikum ist älter geworden. Im Multiplex gefällt es ihnen nicht. Es ist ihnen zu laut, zu teuer und zu unpersönlich. Hier sehe ich unsere Stärke. Wir können jeden Besucher individuell betreuen, ihnen besseren Service bieten: statt Popcornkultur lieber eine frisch gebrühten Kaffee aus der Tasse.
Aber die Kinobesucher erwarten heute doch „Popcorn“ und den hohen technischen Standard der Multiplexe dazu.
Ich ärgere mich immer, wenn die Medien unabhängige Kinos mit unbequemen Holzstühlen, schlechten Leinwänden und schlechter Tonqualität gleichsetzen. Wir haben auch aufgerüstet. Zumindest was die Technik angeht, haben wir einen hohen Standard. Im Multiplex wird einem der Ton um die Ohren gehauen. Das Bild verliert durch extreme Vergrößerung an Tiefenschärfe und Farbqualität. Wer einmal im Multiplex in der ersten Reihe gesessen hat, wird sich an die letzte Reihe im „Notausgang“ zurücksehnen. Interview: Angelika Schwaff
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