■ Mit Morsleben auf du und du: Fiktion und Realität
Magdeburg (AP) – Zwischen dem Bund und Sachsen-Anhalt ist der Streit um das Atommüllendlager Morsleben eskaliert. In der Deponie, die nur für schwach- und mittelradioaktive Abfälle vorgesehen ist, befinden sich laut sachsen-anhaltinischem Umweltministerium illegal sieben Container mit hochradioaktiven Stoffen. Obwohl sie nur einen Bruchteil der insgesamt rund 20.000 Kubikmeter Müll ausmachen, gehe von ihnen 84 Prozent des Strahlenpotentials aus, sagte die Magdeburger Umweltministerin Heidrun Heidecke.
Heidecke warf der Bundesumweltministerin vor, sie wolle die Verantwortung des Bundes auf Sachsen-Anhalt abwälzen. Merkel habe gefordert, Sachsen-Anhalt solle eine Landessammelstelle einrichten und dort auch den hochradioaktiven Müll zwischenlagern. „Eine solche Einrichtung gibt es nicht und wird auch nicht entstehen,“ so Heidecke. Merkel wies die Vorwürfe zurück. Weder handele es sich um hochradioaktive Abfälle, noch sei ihre Unterbringung illegal. Die jetzt umstrittenen Container enthalten unter anderem strahlendes Kobalt aus Trinkwasserbrunnen sowie Abfälle aus den Atomkraftwerken Greifswald und Rheinsberg. Sie waren zu DDR- Zeiten zu Forschungszwecken nach Morsleben gebracht worden.
Für die Deponie in einem Salzschacht gilt bis Mitte des Jahres 2000 noch die DDR-Betriebsgenehmigung von 1986, die nach der Wende in einen „fiktiven“ Planfeststellungsbeschluß nach bundesdeutschem Recht umgewandelt wurde. Alle Versuche, diese mittels Bundes- oder EU-Recht auszuhebeln, blieben bislang erfolglos. Ob Morsleben als Langzeitlager geeignet ist, wird erst seit 1992 mit einem realen Planfeststellungsverfahren untersucht.
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