Feyenoord Rotterdam gegen deutsche Teams: Noch immer heikle Begegnungen
Fans von Feyenoord Rotterdam fallen rund um die Partie gegen Union Berlin unangenehm auf. Gegen deutsche Teams haben diese Vorfälle eine Geschichte.
Die „Legion“, wie in den Niederlanden jeder weiß, sind die Fans des 113 Jahre alten legendären Vereins aus dem gleichnamigen Stadtteil in Rotterdam-Süd, der ganz ohne Firmierungen wie „FC“ und „SV“ oder gar „Vitesse“ oder „Borussia“ auskommt. Einfach: Feyenoord, ein Wort, ein Viertel, eine Ansage. No nonsense. Rau, aber leidenschaftlich, hart arbeitend, zupackend, so wie man im Rest des Landes die Menschen aus der Hafenmetropole sieht, und sie sich selbst auch.
Dass ein Teil – so viel Nuance muss sein, denn Hunderttausende Feyenoorder leben ihre enorme Klubliebe gewaltfrei aus – der Legion das mit dem „Zupacken“ bisweilen konfrontativ versteht, ist die Kehrseite des beeindruckenden Supports. So geschehen am Abend vor der Conference-League-Partie, als eine Delegation von Union Berlin beim Essen in einem Restaurant von einer Gruppe Vermummter mit Stühlen und anderen Gegenständen beworfen wurde.
Die Hintergründe des Angriffs sind auch in den Niederlanden unklar. Von einer besonderen, in diesem Fall feindlichen Verbindung zwischen Feyenoord und Union Berlin ist nichts bekannt. Wohl schreibt das Algemeen Dagblad am Tag danach, dass das letzte internationale Match mit einer großen Anzahl an Auswärtsfans fast zwei Jahre zurückliegt. Auf eine spezifischere Erklärung könnte ein anderer Satz verweisen: „Spiele gegen Deutsche sind in De Kuip (dem Stadion von Feyenoord) – noch immer heikel.“
Die Reichelt-Affäre, Springer und der „Boy-Club“: Warum man das ganze System feuern müsste – in der taz am wochenende vom 23./24. Oktober. Außerdem: Das immer salziger werdende Wasser im Südwesten Bangladeschs gefährdet die Gesundheit der Frauen, die im Flusswasser arbeiten müssen. Und: Gefühle steuern unser Handeln, sind jedoch keine Programme, die immer gleich ablaufen. Eine emotionale Sachkunde. Ab Samstag am Kiosk, im eKiosk, im praktischen Wochenendabo und rund um die Uhr bei Facebook und Twitter.
800 Tote in Rotterdam
Die Bombardierung Rotterdams durch die deutsche Luftwaffe am 10. Mai 1940 mit mehr als 800 Toten und 2.000 Verwundeten hat in der kollektiven Identität der Stadt tiefe Spuren hinterlassen. Zu den 80.000 Menschen, die ihre Wohnung verloren, kam eine zerstörte Innenstadt. Dass dies kein Grund ist, 80 Jahre später ein paar Berliner Funktionäre anzugreifen, steht in Rotterdam außer Frage. „Völlig verwerflich“ findet die Klubleitung den Angriff und distanziert sich. Auch die traditionsreiche Feijenoord Supportersvereniging stellte sich hinter diese Erklärung. In Straßenbefragungen lokaler Medien kam immer wieder die Feststellung, dass, wer so etwas tue, kein Fan sei.
Mark Boninsegna, bekannt als inoffizieller Feyenoord-Dichter, der seinem Club im Frühjahr eine Poesiesammlung mit dem Titel „6 motherfucking 2“ widmete, sagt dagegen zum TV- Sender PowNed: „Ich glaube schon, dass es echte Anhänger waren. Zumindest sind sie für Feyenoord.“ Weiterhin analysiert Boninsegna: „In Rotterdam wächst man natürlich auch ein bisschen auf mit diesen Deutschen, was sie, auch wenn es lange her ist, dieser Stadt angetan haben.“
Zum Match gegen Union gibt es insofern einen direkten Bezug, als dass Feyenoord-Fans ein Spanntuch präsentieren wollten, das an das Kunstwerk „Die zerstörte Stadt“ des Bildhauers Ossip Zadkine erinnert und Teile der Rotterdamer Skyline zeigt, neben der Aufschrift „Wir sind Rotterdamer, wir halten durch“. Die Uefa fand die Aktion provozierend und verbot das Spanntuch, was die Fans wiederum als respektlos empfanden.
In der jüngsten Vergangenheit gab es einen weiteren Zwischenfall. Vor zwei Monaten waren Feyenoord-Fans an einer Schlägerei in Duisburg beteiligt, als ihr Team bei einem Vorbereitungsturnier auf den gastgebenden MSV und Borussia Dortmund traf. Fast 60 Rotterdamer wurden festgenommen.
In den Niederlanden indes fällt die Fanszene des Klubs immer wieder durch antisemitische Gesänge und Symbolik auf, wenn es gegen den verhassten, als jüdisch wahrgenommenen Erzrivalen Ajax Amsterdam geht. Slogans wie „Adolf, hier laufen noch elf, wenn du es nicht tust, tun wir es selbst“, oder „Hamas, Hamas, Juden ins Gas!“ haben das Image von Feyenoord nachhaltig besudelt. Die Standardantwort: man habe nichts gegen „wirkliche Juden“, sondern nur gegen Ajax.
Überschattet wird damit auch das beeindruckende soziale Engangement des Vereins in einem verarmten Viertel, in dem sich mehr und mehr Menschen den Rechtspopulisten oder der AKP-nahen identitär geprägten vermeintlichen Migrantenpartei DENK zuwenden.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
BSW in Koalitionen
Bald an der Macht – aber mit Risiko
Dieter Bohlen als CDU-Berater
Cheri, Cheri Friedrich
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
Selbstzerstörung der FDP
Die Luft wird jetzt auch für Lindner dünn
Kinderbetreuung in der DDR
„Alle haben funktioniert“
Hybride Kriegsführung
Angriff auf die Lebensadern