piwik no script img

Feudale Zeiten

■ betr.: „Klage abgelehnt“ und „Si cherheit nur noch für Reiche“, taz vom 21.9.93

Das Bundesverfassungsgericht hat mit der Ablehnung der Verfassungsklage der Gewerkschaft der Polizei gegen die Freiwillige Polizeireserve (FPR) die Bedeutung des Verfahrens für die innere Sicherheit in Deutschland völlig verkannt.

Es wäre wichtig gewesen, wenn das Bundesverfassungsgericht festgestellt hätte, daß nur Personen, die in einem öffentlichen Dienst- und Treueverhältnis zum Staat stehen, das staatliche Gewaltmonopol durchsetzen dürfen. Die Bevölkerung sollte eigentlich unruhig werden, daß es heute in Deutschland mehr Mitarbeiter in privaten Wachdiensten als Polizisten gibt. Das ist ein Rückschritt in feudale Zeiten und der Weg in die Zwei-Klassen-Gesellschaft, in der sich die Reichen ihre Sicherheit kaufen und der Rest sehen muß, wo er bleibt. Wenn dieser Entwicklung nicht Einhalt geboten wird, wird die innere Sicherheit weiter privatisiert.

Daß sich der Kriminaloberrat Roll, Referent für kriminalpolizeiliche Vorbeugung und Beratung, undifferenziert für den Einsatz privater Wachdienste ausspricht, ist fatal. Die vorbeugende Verbrechensbekämpfung – auch durch polizeiliche Präsenz auf der Straße – ist die vornehmeste Aufgabe polizeilicher Arbeit. Herr Roll begibt sich damit auf die Ebene von Politikern, die die objektive Bedrohung mit der Formulierung „Die Bürgerinnen und Bürger sind nur subjektiv bedroht“ die Entwicklung des Verbrechens in Deutschland herunterspielen. Klaus Schrader, Berlin

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen