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„Fergies Babes“ sind noch viel zu grün

■ Manchester United hat große Ambitionen auf den Gewinn der Champions League, kann ohne Stürmer Ryan Giggs aber nicht mal gegen die alten, trägen Münchner Bayern gewinnen

München (taz) – Die Spielweise von Bayern München kam den Manchester-United-Spielern am Mittwoch beim 2:2 in der Champions League bekannt vor. Die Deutschen konnten den Ball nicht mal hinten rundspielen und schossen ihn statt dessen meistens lang nach vorne, in der Hoffnung, den großen Carsten Jancker zu finden. So haben die Engländer früher auch gespielt. Stürmer wie Jancker sind in der Premier League jetzt aber fast ausgestorben.

Alex Ferguson hat in seinen 12 Jahren als Alleinherrscher in Manchester eine „europäische“ Mannschaft gebastelt. „Fergie“ kennt die Geschichte seines Vereins und hat sich zum Ziel gesetzt, der zweite Matt Busby zu werden. Busby, ebenfalls Schotte, überlebte den Flugzeugabsturz 1958 in München, als die meisten seiner jungen „Busbys Babes“ starben, baute dann aber eine Mannschaft auf, die 1968 mit klassischem Fußball Europacupsieger wurde. Das will Ferguson jetzt auch schaffen. Es gelingt ihm aber wahrscheinlich nie. Wer nicht mal die Bayern schlagen kann, hat Probleme.

Dabei hat Ferguson schon vieles erreicht. Seine erste United-Mannschaft, die von 1986, war bei einer Reise nach München während des Oktoberfestes gleich vom Flughafen zur Theresienwiese gefahren. Jene Mannschaft war aufgebaut um eine Gruppe erfahrener Trinker, das sogenannte „A-Team“, mit Mannschaftsführer Bryan Robson als Mittelpunkt. Die jetzigen Spieler trinken aber fast nie. Ferguson hat ihnen wahrscheinlich nicht mal erzählt, daß jetzt Oktoberfest ist. Und Franz Beckenbauer hat nur den United-Vorstand zur Wies'n geführt. „Wir haben nicht über die Superliga gesprochen, sondern mehr über die Zusammensetzung unseres Starkbiers“, sagte Beckenbauer. Aber er weiß, daß der künftige Vereinsleiter von United, ein gewisser Rupert Murdoch, schon längst für diese Geldliga gewonnen ist.

Die Spieler sind für „Fergie“ wie Söhne (sein Sohn Darren gehörte vor einigen Jahren tatsächlich zur Mannschaft) oder wie Mitglieder seiner Sekte. Sie tun alles, was er sagt. Nicht trinken? Dann trinken sie halt nicht. Ryan Giggs, David Beckham, Paul Scholes, Nicky Butt und die Neville-Brüder waren schließlich noch Kinder, als sie zu ihm kamen. Sie sind „Fergies Babes“. Die Frage ist, ob sie gut genug sind, um den Europapokal zu gewinnen. Giggs und Beckham sicherlich. Der Linskfuß Giggs hätte gegen die alten, trägen Bayern Spaß gehabt, war aber wegen Verletzung nicht dabei. Beckham war Mann des Spieles. Vergiß den Kram über seine Spice-Girl- Freundin: nur als Fußballspieler ist „Becks“ wirklich interessant. Er beherrscht den Paß von Bernd Schuster, plaziert und dennoch so hart, daß nur ein englischer Stürmer es wagen würde, den Kopf dagegen zu setzen. Seine Flanke für das 1:1 von Yorke, wurde von Bayern-Coach Ottmar Hitzfeld als „sensationell“ bezeichnet.

Zweifel gibt's aber bei einigen der jungen Freunde von Beckham. Scholes spielt oft schlecht, die beiden Nevilles und Butt sind technisch keine Meister. Ferguson wird sie aber wahrscheinlich nie wegschicken, weil sie Buben aus der Gegend sind, Jungs aus den häßlichen Städtchen in der Manchester- Region. Sie gehören deswegen zum Busby-Mythos, sind die geistigen Kinder der jungen Spieler, die auf dem Flughafen in München starben. Jedes Jahr kommen sie weit in der Champions League, scheitern dann aber gegen Mannschaften wie Dortmund und Monaco. Ferguson sagt, daß seine Spieler noch jung sind. Aber sie haben schon Erfahrung genug, antwortet die englische Presse. Stimmt, sagt Ferguson, aber Spieler fangen erst an von ihrer Erfahrung zu lernen, wenn sie 25 oder 26 Jahre alt sind. Wir werden sehen.

Das andere Problem von Ferguson ist, daß er sich auf dem Kontinent schlecht auskennt. Deshalb kauft er meist die verkehrten Ausländer: Karel Poborsky (längst verschwunden), Jordi Cruijff (toller Name, aber es war eine Überraschung, daß er gegen Bayern 20 Minuten mitspielen durfte), Jaap Stam (kostete 36 Millionen Mark, dreht sich aber kaum schneller als Jancker) und Jesper Blomqvist. Der Schwede spielte Mittwoch statt Giggs, verlor aber ständig den Ball und sieht obendrein viel schlechter aus als Giggs. Murdoch wird eine Mannschaft fordern, die die Champions League gewinnt. Vielleicht braucht er dafür einen Teamchef, der mehr international und weniger sentimental ist als Ferguson. Simon Kuper

Manchester United: Schmeichel – Phil Neville, Stam, Gary Neville, Irwin – Beckham, Keane, Scholes, Blomqvist (69. Jordi) – Yorke, Sheringham

Zuschauer: 55.000; Tore: 1:0 Elber (11.), 1:1 Yorke (29.), 1:2 Scholes (49.), 2:2 Elber (90.)

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