: Feind, Todfeind, Parteifreund!
betr.: „Ein Desaster mit System“, „Wer ist der Heide-Mörder“, taz vom 18. 3. 05; „Der Dolchstoß von Kiel“, taz vom 19. 3. 05
Vielen Dank, Frau Gaus, für Ihren Leitartikel vom 18. 3., „Ein Desaster mit System“. Vielleicht ist Geld geflossen? Das hat es vor großen Abstimmungen sonst auch schon gegeben (Wienand-Affäre, wenn ich mich nicht täusche, und 1972, als die Stasi mindestens einen Bundestagsabgeordneten kaufte, um Barzel als CDU-Kanzler zu verhindern, lt. taz vom 19. 3. 05). Da will einer noch was werden und verspricht sich in der künftigen Konstellation Karrierevorteile und eine bessere Alterssicherung …
Vorschlag: Alle SPD-Abgeordneten des Kieler Landtags auf eine ganze Seite. Alle Angaben, die man weiß, müssen jeweils drunterstehen: Zugehörigkeit zum „Seeheimer Kreis“, Nähe zu Industrieverbänden, Burschenschaften, persönliche Animositäten gegen Frau Simonis usw. JÖRG HÄNSLER, Stuttgart
Das Patt in Schleswig-Holstein lässt für mich nur den Schluss zu, dass man dem altbekannten „Pecunia non olet“ (Geld stinkt nicht) gefolgt ist. Dies bedeutet nichts anderes, als dass interessierte Kreise sich einen Stimmenkandidaten aussuchten und alsdann kauften. Um an die Macht zu kommen – dies gilt auch bundespolitisch –, wird offensichtlich alles getan. Eine andere Erklärung kann ich mir nicht vorstellen. JÜRGEN BRANDT, Hofheim am Taunus
In Zeiten andauernder Politikverdrossenheit werden jedenfalls Politiker gebraucht die zu ihrem Wort stehen und nicht vor der Wahl „Mit Heide in die Zukunft!“ rufen und drei Wochen später derselben den Dolch in den Rücken rammen! Wie war die Steigerung noch? Feind, Todfeind, Parteifreund! Ihm/ihr der gemeint hat damit, dass er die große Koalition herbeibombt, sei noch einmal der alte Volksspruch ins Gedächtnis gerufen: „In Gefahr und großer Not bringt der Mittelweg den Tod!“ Es lebe die Koalition der neoliberalen Reformblockierer! HOLGER GREILACH, Hannover
Diese geheime Wahl ist fast nur eine deutsche Eigenheit, die zudem noch nicht einmal verfassungsrechtlich vorgegeben ist. Der verstorbene Hamburger Politikwissenschaftler Winfried Steffani, der viele Jahre lang der CDU angehörte, ist nicht müde geworden, die Abschaffung der geheimen Wahl zu fordern, und hat auch erreicht, dass die Enquetekommission zur (hamburgischen) Parlamentsreform vom Jahr 1992 die „offene Abstimmung“ ohne Gegenstimme in ihre Vorschläge mit aufnahm. Zur Begründung hieß es: „Bei einer Entscheidung solcher Tragweite haben die Wählerinnen und Wähler das Recht zu wissen, wie ‚ihre‘ Abgeordneten sich in diesem Fall verhalten.“ Leider gehört dieser Punkt zu denen, wo die großen Fraktionen der hamburgischen Bürgerschaft dann bei der Umsetzung nicht mitmachen wollten. MARTIN SCHMIDT, Hamburg
Da wird eine verdiente Ministerpräsidentin demontiert und die Machtbesessenheit ad absurdum geführt. Die arme Frau! Katerstimmung in Kiel und ein grimmig-schauriges „Whodunnit?“ Aber was ist denn eigentlich passiert? Ein(e) Abgeordnete(r) hat demokratisch gewählt und sich allen Fraktionszwängen widersetzt. Eine kipplige Koalition angestupst und damit endlich mal gezeigt, dass Machtwille allein nur dazu führt, dass Abgeordnete im Laufe der letzten Jahre nur als das gesehen werden, was sie auch sind: ein erbärmlicher Haufen Stimmvieh. Und daher: Bravo, Heide-Mörder! Es lebe die Demokratie! ANDREAS SAILER, Wehr
Das Ende von Rot-Grün in NRW und der Start einer großen Koalition in Kiel hätte nicht nur Nachteile. Die Sozialdemokraten würden nach 39 Jahren Macht in NRW endlich entfilzt, und die Grünen könnten sich der im Machterhalt untergegangenen Programmatik widmen, um bei den nächsten Wahlen weniger selbstzufrieden und programmatisch sowie personell das Gerücht von der Eingenerationenpartei zu widerlegen. Es gibt Schlimmeres. KLAUS SAMER, Witten