standbild: Feierabend
Tatort – „Der Trippler“
(So, 20.15 Uhr, ARD)
Das war er, der letzte Berlin-Tatort mit dem Duo Jürgens/Raacke. Stefan Jürgens hat seinen Abgang gemacht, und 8,42 Millionen Zuschauer haben dabei zugesehen. Ein ganz unspektakulärer Abgang. Er ist nicht erschossen worden, er ist nicht verrückt geworden. Nein. Er hört einfach auf, weil er keine Lust mehr hat.
„Der Trippler“ ist sein letzter Fall. Die kleine Susi Karsten wird ermordet im Keller aufgefunden, und zunächst fällt der Verdacht auf Trippler, der eigentlich Wesel heißt. Trippler nennen ihn die Nachbarn „weil er geht wie eine Schwuchtel“. Natürlich ist er nicht der Mörder, sondern nur ein leicht verschrobener Videonarr.
Der wahre Mörder des kleinen Mädchens ist der Freund der großen Schwester Melanie. Der sitzt im Knast und will auf einem Freigang eigentlich Melanie umbringen. Klingt ziemlich verworren, aber genau das ist es, was diesen letzten Fall von Jürgens ausmacht.
Gekonnt spielt der Film mit dem Klischee des perversen Kinderschänders. Der Handlungsstrang verwickelt sich immer weiter, bis am Ende doch alles klar und einleuchtend erscheint.
Keine offenen Gewaltszenen prägen diesen Tatort, und gerade daraus bezieht er seine Spannung. Nicht durch das Verbrechen, sondern durch die bedrückende Darstellung der Beziehung zwischen Vater und Tochter macht „Der Trippler“ das Grauen einer Kindstötung fassbar.
Doch leider passieren den Drehbuchschreibern dumme Dinge, die man ihnen nicht so richtig nachsehen mag. Auch wenn der Film mit einigen Klischees spielt; andere verwurstet er umso schamloser. So gibt es da die Psychologin, die immer noch an die Resozialisierung ihres Schützlings glaubt, wo doch jeder Fernsehzuschauer weiß, dass solche Kerle bei der ersten Gelegenheit kleine Mädchen umbringen. Und woher hat Vater Karsten die Knarre, mit der er flugs zur Selbstjustiz schreiten will? Da hat sogar ein Stefan Jürgens die Schnauze voll und hängt seinen Job an den Nagel.
PHILIPP DUDEK
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