KOMMENTAR: Fehlbesetzung
■ Theo Waigel ist der erste Finanzminister, dem die Staatsfinanzen völlig egal sind
Fehlbesetzung Theo Waigel ist der erste Finanzminister, dem die Staatsfinanzen völlig egal sind
Bundesfinanzminister Theo Waigel hat seinen Job verfehlt. FinanzministerInnen haben nun einmal die unangenehme Aufgabe, das Geld zusammenzuhalten und gegen die Begehrlichkeiten der anderen Ressorts zu verteidigen. Vor zehn Jahren, als Helmut Kohl Kanzler wurde, war die Sanierung der maroden Staatsfinanzen Regierungsprogramm. Der Staat, so das damalige Credo der Regierung, dürfe nicht beliebig Kredite aufnehmen, für die kommende Generationen die Zinsen zahlen müßten. Heute zeichnet dieselbe Regierung für die höchsten Nachkriegsschulden verantwortlich. Und den Finanzminister scheint das nicht einmal zu stören. Denn die Begrenzung des Ausgabenzuwachses auf 2,5 Prozent wird die „Konsolidierung der Staatsfinanzen“ bis zur nächsten Bundestagswahl nicht erreichen.
Spar-Ideen äußern in dieser Regierung die Minister, deren vordringliche Aufgabe das nun wahrlich nicht ist. Dem Arbeits- und Sozialminister Norbert Blüm macht es nichts aus, daß Waigel ausgerechnet in Zeiten steigender Arbeitslosigkeit der Bundesanstalt für Arbeit das Geld für Qualifizierungs- und Beschäftigungsmaßnahmen entzieht. Und Bundeswirtschaftsminister Jürgen Möllemann will möglichst viel bei all den Leistungen kürzen, die den wirklich Benachteiligten dieser Gesellschaft, den Arbeitslosen und den Sozialhilfeempfängern, zugute kommen sollen. Die FDP wird schließlich auch nicht von ihnen gewählt. Deutliche Streichungen im Verteidigungsetat oder ein drastischer Abbau der zahlreichen Subventionen an diverse Wirtschaftszweige werden am Kabinettstisch nicht einmal diskutiert.
Nach dem Vollzug der deutschen Einheit per Staatsakt ist die Bundesregierung also wieder zur altbekannten Konzeptlosigkeit zurückgekehrt. Gehandelt wird nicht vorausschauend, sondern nur, wenn es sich nicht mehr vermeiden läßt. Sparen läßt sich in diesem Jahr noch vermeiden, in zwei bis drei Jahren jedoch nicht mehr. Bis dahin wird sich die staatliche Kassenlage weiter verschlechtert haben, ein Großteil der Etats für Zinsen gezahlt werden müssen. Kürzungen in allen Bereichen, auch in den Sozial- und Bildungsetats, werden dann unumgänglich sein. Die SPD sollte im Eigeninteresse zusehen, daß sie nicht erst bei der Bundestagswahl 1994 an die Regierung kommt. Donata Riedel
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