piwik no script img

■ Bonn apartFaxen der Woche

Was in Bonn nie stillsteht, sind der Postfluß und das Telefaxgerät jeder Zeitungsredaktion. Vom Verband der Bademeister über penetrante Kernenergieprotagonisten bis zu Hinterbänklern im Bundestag – wenigstens auf dem Papier will jeder zu Wort kommen. Das Fax der Woche hat nach beunruhigend langer Pause die PDS vorbeigeschickt. Im Wortlaut heißt es: „Liebe KollegInnen, aufgrund einiger Anfragen im Pressebüro der PDS-Bundestagsgruppe, ob der Verfassungsschutz alle Telefonleitungen des PDS-Parteivorstands gekappt habe oder letzterer wegen neuester Meinungsumfragen (7% bundesweit laut Emnid/n-tv) eine verdiente Arbeitspause eingelegt habe, teilen wir mit: Beides ist falsch. Richtig ist: Die Rufnummern haben sich zu Jahresbeginn geändert ...“

Diesen Humor läßt sich die PDS einfach nicht verderben, trotz andauernder Stasiaffären und so mancher Diskreditierung. Auch der Kanzler empfängt lieber doch nur lobend einen Exkommunisten aus Polen, aber bestimmt keinen Exkommunisten aus der DDR. Des Kanzlers Hilfstruppen aus der Adenauer-Stiftung haben schließlich jetzt versucht, endlich den Beweis zu führen, wie böse die roten Socken wirklich auch sind. Auf 211 Seiten sollte „wissenschaftlich“ untermauert werden, was da im Osten „auferstanden aus Ruinen“ sei. In der Schlußbetrachtung gipfeln die „Internen Studien“ dreier Wissenschaftler in der Feststellung: „Der schöne Schein ihrer politischen Forderungen kann nicht darüber hinwegtäuschen, daß die Partei die Zerstörung des Systems von innen will.“

Mehr noch unterstellen die CDU-Forscher der PDS: „Eigentlich lehnt die Partei nahezu alle Errungenschaften der freiheitlichen Demokratie und Wirtschaftsordnung ab. Die PDS spricht nicht deutlich aus, daß ihr ein totalitäres Gemeinwesen vorschwebt.“ Ob das wirklich mehrheitsfähige Positionen von Parteimitgliedern sind, auf diese Frage blieben die Verfasser der Studie bei der Vorstellung lieber stumm.

So verpuffte das Scharfschießen als Kalte-Kriegs-Form, die der PDS eher noch mehr Zulauf bringt. Solange sie niemand ernsthaft herausfordert, kann sie weiter locker Faxen machen. Holger Kulick

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen