■ Kommentar: Fast Quälerei
Der Fall von Dialle D. hat eine fatale Signalwirkung für alle ausländischen Mitbürger dieser Stadt. In letzter Konsequenz lehrt er, daß sie nicht wie andere zur Polizei gehen können, wenn ihnen Unrecht widerfährt. Müssen sie doch befürchten, daß die gültigen Papiere eingezogen und sie somit in die Illegalität gestoßen werden.
Denn welcher ausländischer Mitbürger, der neu in die BRD kommt, tappt nicht früher oder später in eine der zahlreichen Fallen, die das Ausländergesetz stellt, dessen Auslegungsmöglichkeiten schier unendlich sind. Absurd die rückwirkende Aberkennung der Ehejahre. Schon die bestehende Vier-Jahres-Regelung, so klagt „Amnesty for women“, gehört abgeschafft.
Mischt sich doch hier der Staat in unerträglicher Weise in zwischenmenschliche Beziehungen. An Quälerei grenzt es zudem, einen Menschen erst dann über die Nichtanerkennung der Ehejahre zu informieren, wenn es zu spät ist.
Auf der anderen Seite die rücksichtsvolle Behandlung der Täter. In einer Stadt, in der fast jede Beleidigung im Straßenverkehr öffentlich verhandelt wird, soll diese unglaubliche Tat zweier Polizisten nicht von öffentlichem Interesse sein? Mit dem rechtskräftigen Strafbefehl gelten die beiden als verurteilt. Sie waren klug genug, eine Strafe anzunehmen, die nur knapp unter der Grenze von 100 Tagessätzen liegt. Denn die würde automatisch zur Suspendierung führen. Aber ach, wer glaubt denn schon daran?
Ein Prozeß hätte neben der Gerechtigkeit noch einen Vorteil gehabt: Die beiden Polizisten hätten öffentlich Gelegenheit gehabt, sich bei ihrem Opfer zu entschuldigen. Kaija Kutter
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