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Falsch oder gefälscht?

■ Fake in Friedrichshain / Mendiburu sauer

„Man muß ein Schwein sein in dieser Welt“ – dieser derzeit ungemein populären Liedstrophe gemäß wurden gestern in Friedrichshain außergewöhnliche Faxen veranstaltet. Es ging um eine Äußerung des Bezirksbürgermeisters Helios Mendiburu (SPD). Der nämlich soll, so wurde uns gefaxt, in einem Wahlbrief an die „lieben Friedrichshainer Bürgerinnen und Bürger“ behauptet haben, sein Bezirk sei „eine Spielwiese für Anarchisten und Autonome“, die auf „unsere Kosten“ leben, „keine Mietverträge abschließen“, „schmarotzen“ und „ständig Krawall und Angst“ verursachen.

Harter Tobak! Das Dementi folgte umgehend und per Fax. „Gefälschter Wahlbrief!“ schimpfte die zuständige Pressestelle. Das angebliche Schreiben Mendiburus sei eine „Aktion anonymer Brieffälscher“, in einem „sehr platten, hetzerischen Stil“ verfaßt, wie er besonders von rechten Parteien benutzt werde. Friedrichshain, beteuerte der weltoffene Mendiburu, solle ein lebenswerter Bezirks für alle bleiben, Hausbesetzer inclusive.

Da hatten wir's. Mendiburus Ausflug ins bayerische Sprachreich der „Ratten und Schmeißfliegen“ war eine bodenlose Ferkelei fakender Hausbesetzer, die einmal mehr ihr niederträchtiges Spiel mit des Bürgermeisters Gutmütigkeit trieben.

Doch weit gefehlt! Ein Fax später wurde es amtlich: Nicht der Wahlbrief Mendiburus sei gefälscht, teilte das Bezirksamt aufgeregt mit, sondern die Mitteilung, daß der Wahlbrief eine Fälschung sei. Was für eine Sauerei. Das Gerede von den Schmarotzern ist, beteuerte nämlich das Bezirksamt, „absolut authentisch“. Mendiburu will nun ganz ernsthaft und „unter allen denkbar rechtlichen Gesichtspunkten“ Anzeige wegen der „kriminellen Handlung“ erstatten. Recht hat er. Die Frage muß höchstrichterlich geklärt werden: „Welches Schweinderl wären S' denn gern?“ Uwe Rada

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