: Fake-Vergewaltiger
Fernsehen kann so was. Es kann machen, dass man sich fragt, ob man nicht mehr Gutes tun sollte. Ein Ehrenamt. „Ist doch Ehrensache!“ hat die ARD ihre Woche der Hilfsbereitschaft genannt. Auch Liz Wieskerstrauchs Doku „Zivilcourage – Gaffen oder helfen?“ gehört in dieses Paket. Warum das so ist, bleibt einigermaßen unklar. Denn der Film behandelt ein anderes Thema: Opferhilfe.
Da ist der Berliner Busfahrer, dem bei einer Messerattacke von den vielen Fahrgästen nur zwei helfen. Da ist der Hamburger, der beim Versuch, seine Nachbarin vor ihrem prügelnden Mann zu retten, Stichwunden davonträgt.
Und dann ist da der Polizist Jens Mollenhauer, der sich mit versteckter Kamera filmen lässt, wie er auf belebten Plätzen Frauen angreift, Kinder anquatscht, Mädchen vergewaltigt. Respekt vor Herrn Mollenhauer, der sich beruflich mit Gewaltprävention auseinandersetzt. Aber ihm bei seinen Courage-Experimenten zuzuschauen, ist schwer erträglich, denn seine „Opfer“ sind seine Töchter. „Heute machen wir eine versuchte Vergewaltigung. Wer möchte?“, fragt er seine vier Kinder. Die Janina macht das dann und wehrt sich gegen ihren Fake-Angreifer mit einem kräftigen Tritt in die Eier. Die Off-Stimme fragt: „Wie oft muss Jens Mollenhauer seine Tochter würgen, bis Passanten eingreifen?“
Beklemmend oft muss er das tun, aber die Gelegenheit, nach den Zusammenhängen zu fragen, danach, warum von drei Passanten zwei wegschauen und weitergehen, die verpasst Wieskerstrauchs Film. AM
■ „Zivilcourage – Gaffen oder helfen?“, 21.45 Uhr, ARD