: FIS — Modell im Libanon?
■ Fundamentalisten wollen sich an Wahlen beteiligen
Beirut (afp) — Ermutigt durch den Erfolg der algerischen Islamisten bei den Parlamentswahlen, wollen nun auch die radikalen Moslems im Libanon politisch aktiv werden. Dies kündigte das geistliche Oberhaupt der libanesischen Schiiten, Scheich Mohammad Hussein Fadlallah, an. Wenn freie Wahlen abgehalten würden, sei es „normal“, daß die Fundamentalisten teilnehmen, sagte Scheich Fadlallah am Mittwoch. Damit vollziehen die Fundamentalisten eine radikale Kehrtwende. Bisher hatten die pro- iranischen Moslems im Libanon die islamische Revolution propagiert und sich geweigert, am politischen Leben teilzunehmen. Die Erfahrung der Islamischen Heilsfront (FIS) in Algerien habe den islamistischen Gruppen in aller Welt jedoch ein „neues Modell“ vor Augen gestellt und gezeigt, daß die Fundamentalisten von der Politik profitieren könnten, betonte Scheich Fadlallah. Man könne von einer Hinwendung der Islamisten zur „praktischen Politik“ sprechen.
Während früher von „gewissen Gruppen“ der Krieg als kürzester Weg an die Macht gesehen worden sei, herrsche nun unter den Fundamentalisten die Tendenz vor, auf demokratischem Wege an die Regierung zu kommen.
Der geistliche Führer der libanesischen Schiiten sprach sich für Neuwahlen im Libanon aus. Das derzeitige Parlament spiegele nicht die Meinung der jungen Generation wieder. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt sind Wahlen nach Ansicht von Scheich Fadlallah aus Sicherheitsgründen jedoch nicht möglich. Im Libanon wurden seit zwanzig Jahren keine Parlamentswahlen mehr abgehalten.
Nach Ansicht von Beobachtern hätten die Islamisten im Libanon bei Wahlen gute Chancen. Die Mehrzahl der Libanesen sind Schiiten und stehen damit unter dem Einfluß Scheich Fadlallahs. Besondere Bedeutung erlangen die Fundamentalisten durch ihre Hilfsorganisationen, die vom Iran finanziert werden. Sie könnten auch die gemäßigten Schiiten zur Stimmabgabe für eine islamistische Partei bewegen.
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