: FDP vor der Zerreißprobe
■ Parteiinterner Widerstand gegen vereinbarte Ampel-Kompromisse / Heute „kleiner Parteitag“
Der Bremer Ampel droht das gelbe Licht schon auszugehen, bevor sie überhaupt angeschaltet wurde. Wenn heute abend ab 18 Uhr der FDP-Landesparteiausschuß (ein „kleiner Parteitag“ mit 30 Mitgliedern) tagt, steht der Ausstieg aus den Ampelkoalitions-Verhandlungen zur Debatte. Der Grund: Bisher hat die FDP in keinem wichtigen Politikbereich auch nur eine ihrer Grundsatz-Positionen durchsetzen können.
Am Dienstag war die parteiinterne Stimmung zunächst in Bremerhaven gekippt. Die FDP sagte den ersten Termin der Ampel- Verhandlungen für die dortige Stadtverordnetenversammlung, der heute stattfinden sollte, einfach ab. „Bevor es in Sachen Außenweservertiefung keine Klarheit gibt, können wir die Gespräche nicht aufnehmen“, begründete dies der Kreisverbands-Vorsitzende Harald Neujahr gestern gegenüber der taz. Und der FDP- Landesvorsitzende Manfred Richter will „eine Grundsatzentscheidung für die Weser-Vertiefung“ sogar zur Voraussetzung aller weiteren Ampelverhandlungen im Land Bremen machen.
Mit der Kompromiß-Formel, die die drei Verhandlungsführer Wedemeier, Fücks und Jäger in einer Cuxhavener Nacht vereinbart hatten, nach der eine endgültige politische Entscheidung in Sachen Weservertiefung erst nach Vorliegen der Umweltverträglichkeitsprüfung fallen soll, wollen sich die Bremerhavener Liberalen auf gar keinen Fall zufrieden geben. „Die Weservertiefung ist ein Essential für die Existenz Bremerhavens“, sagt Harald Neujahr, „wir dürfen nicht die Gefahr eingehen, daß bei einer Verzögerung der Bremer Planung im Bundesverkehrswegeplan plötzlich Hamburg mit der Elbvertiefung das Rennen macht.“ Und der FDP-Abgeordnete Peter Braun: „Wir haben in Cuxhaven gar keinem Kompromiß zugestimmt.“
Die FDP-interne Kritik richtet sich vor allem gegen die Verhandlungsführer und Senatoren-Aspiranten Claus Jäger und Friedrich van Nispen. Ihnen wird besonders von der Wirtschaftslobby der Partei vorgeworfen, außer ihren Senatorenposten noch nichts erreicht zu haben:
Während die FDP die Wiedereröffnung von sieben Bremer Gymnasien gefordert hatte, wurden lediglich zwei Gymnasien als „Schulversuch“ vereinbart — und auch das erst nach Entscheidung einer „Reformkommission“, die sicherstellen soll, daß keines der Bremer Stufenschulzentren dadurch in Gefahr gerät. Und §3 des Bremer Schulgesetztes soll unverändert bleiben.
Während die FDP gefordert hatte, daß die Innenstadt weiterhin jederzeit per Auto erreichbar bleiben soll, wurde nicht nur die autofreie Innenstadt vereinbart, sondern sogar die Schließung aller Innenstadt-Parkhäuser an verkaufsoffenen Samstagen.
Und während die FDP den Neubau einer Bremer Müllverbrennungsanlage gefordert hatte, wurde der alte SPD-Plan bestätigt, die Bremer MVA stillzulegen und den Restmüll in Bremerhaven zu verbrennen. Gleichzeitig soll die von den Grünen geforderte flächendeckende Mülltrennung eingeführt werden. Ase
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