■ Querspalte: FDP unter Niveau
Neulich, auf dem Dreikönigstreffen der FDP schien alles in Ordnung: ein selbstbewußter Guido Westerwelle präsentierte seinen Parteigenossen das moderne Bild einer selbstbewußten Partei neuen Typus. Nicht mehr als Interessenvertretung der besserverdienenden Leistungsträger wollte die Partei der Besserverdienenden in der schlechterverdienenden Öffentlichkeit Punkte sammeln, nicht mehr durch Besteuerung der Bettler den Staatshaushalt sanieren, ganz im Gegenteil: wenn man's richtig bedenkt, sei die Partei die Partei der Arbeitnehmer, hatte der Parteivorsitzende versprochen.
Glücklich über ihre neue Identität hatten die Delegierten ihren Klassensprecher beklatscht. Alles schien gut, selbst die CSU verzichtete auf harsche Worte und Wahlen, die das neue Selbstgefühl in Frage stellen könnten, sind noch fern.
Blöderweise sind die Meinungsforschunger auch jenseits aktueller Urnengänge tätig. Umfragen zufolge sieht's schlecht aus für die FDP. Die Partei argumentiere auf einem Niveau, das unter der Intelligenz ihrer Wählerklientel liege, erklärte die Allensbach-Demoskopin Renate Köcher auf der CDU-Klausurtagung bei Bonn. Die Ladenschluß- und Solizuschlagsabschaffoffensive führten zu „Irritationen“, allgemein sei die FDP „eine sehr unbeliebte Partei“, in den neuen Bundesländern sei sie gar inzwischen „statistisch nicht mehr erfaßbar“. Das ist schön, zumal das „schlechte Erscheinungsbild“ der Huckepackpartei auch auf die Koalition abfärbt. Interessant auch für Wahlstrategen, die nun Umfragen in Auftrag geben müssen, um herauszufinden, wie hoch das Intelligenzniveau ihrer Wählerschaft ist, um sich des weiteren zu überlegen, ob und wie weit man möglicherweise überhalb der Intelligenz der anzusprechenden Wählerklientel argumentieren müßte, um dann quasi mit dem Corona-Bier-Effekt (je teurer die Ware, desto mehr wird verkauft) das Überleben zu sichern. Detlef Kuhlbrodt
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen