: FDJ ging in die Kehre
■ Wendekongreß der SED-Jugendorganisation am Wochenende in Brandenburg / Neue Ideen und neue Vorsitzende
Ost-Berlin (dpa) - Ein FDJ-Kongreß zur Gründung eines neuen sozialistischen Jugendverbands fand am Wochenende in Brandenburg statt. Er sollte die endgültige Abkehr vom SED -Jugendverband „Freie Deutsche Jugend“ (FDJ), der ehemaligen „Kampfreserve der Partei“, vollziehen.
Rund 2.000 Delegierte diskutierten bis Sonntag einen Namen, Programm und Satzung und wählten eine neue Leitung.
In den letzten Wochen wurden in der DDR mehrere Jugendverbände und Gruppen sowie ein Studentenbund gegründet. Viele Jugendliche sind aus der 1946 gegründeten FDJ ausgetreten.
Als Vorsitzende der FDJ wurde am Sonntag in geheimer Wahl bei geschlossener Sitzung die Magdeburgerin Birgit Schröder gewählt. Die 25jährige Krippenerzieherin war zuletzt 1.Sekretärin der FDJ-Stadtbezirksleitung Magdeburg-Nord.
Der 1.Sekretär des FDJ-Zentralrats, Frank Türkowsky, trat dafür ein, daß der neue Jugendverband den Namen FDJ beibehalten solle. Der Verband wolle zwar radikal mit der Vergangenheit brechen, könne sie aber nicht einfach verleugnen, sagte er nach Angaben von 'adn‘. Die Mitglieder sollten neu registriert werden. Mit Blick auf die Wahlen sollte sich die FDJ für eine „parlamentarische Interessenvertretung der Jugend“ einsetzen.
Die Diskussion ergab außerdem, daß der neue Verband nicht mehr als „sozialistisch“ bezeichnet werden soll.
Zur Vergangenheit der FDJ meinte Türkowsky, sie habe hauptsächlich darin bestanden, daß die FDJ von der SED vereinnahmt wurde. Durch den Alleinvertretungsanspruch für alle Jugendlichen und die Verpflichtung, „Helfer und Kampfreserve der Partei zu sein“, habe die FDJ als verlängerter Arm des Staates und der SED bei vielen jungen Leuten an Ansehen verloren.
Die Gründungsidee - ein überparteilicher, antifaschistischer, demokratischer und offener Jugendverband, in dem Mitglieder verschiedener politischer und sozialer Schichten aktiv sein können - sei nur in den ersten Jahren durchgehalten worden.
Andersdenkende seien später ausgegrenzt, systemkritische Künstler zensiert worden.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen