: Expremier angeklagt
Der bei Birmas Militärs in Ungnade gefallene frühere Premier Khin Nyunt muss mit harter Strafe rechnen
BANGKOK taz ■ Birmas Expremier Khin Nyunt ist nach Angaben seiner eigenen Militärjunta wegen Korruption und politischem „Ungehorsam“ angeklagt. Schon vergangene Woche war er in das berüchtigte Gefängnis Insein gebracht worden. Den Beginn des Prozesses am Dienstag hatte die Junta geheim zu halten versucht.
Beobachter erklärten gar, die Freilassung von mehr als 200 politischen Gefangenen wenige Tage zuvor habe vom Verfahren gegen Nyunt ablenken sollen. Seinen beiden Söhnen, dem Geschäftsmann Ye Naing Win sowie dem Oberstleutnant Zaw Naing Oo, war bereits zuvor der Prozess gemacht worden. Das Urteil steht noch aus.
Der ehemalige Premier Khin Nyunt war im Oktober 2004 nach seiner Rückkehr von einer Inlandsreise verhaftet worden. Beobachter werteten seine Entmachtung als Indiz für die verhärteten Fronten innerhalb der Militärjunta: Zwischen dem als Hardliner bekannten Juntachef Than Shwe und Nyunt war es zuvor zum Zwist gekommen: Nyunt, der im August 2003 vom militärischen Geheimdienstchef überraschend auf den Posten des Premiers gerückt war, hatte nach außen hin eine leichte Liberalisierung Birmas propagiert. Zudem hatte Nyunt einen Dialog mit der unter Hausarrest stehenden Oppositionsführerin Aung San Suu Kyi und ihrer Nationalen Liga für Demokratie befürwortet. All das war Juntachef Than Shwe ein Dorn im Auge.
Kritiker verweisen darauf, dass Nyunt weniger ein Reformer als vielmehr ein Pragmatiker war, der mit seinem nach außen hin vertretenen moderateren Kurs seine eigene Macht zu sichern versuchte. Denn er habe zu den Führern des Militärregimes gehört, das 1988 die Demokratiebewegung blutig niederschlagen ließ, kritisierte ein Kommentator des im nordthailändischen Exil herausgegebenen Magazins Irrawaddy. Nyunts Geheimdienst habe selbst viele Oppositionelle verhaften lassen. Und sein 2003 propagierter Fahrplan für eine angebliche Demokratisierung sei bereits zehn Jahre zuvor während eines Nationalkonvents verkündet worden. Jener Konvent galt ebenso als Farce wie die verfassungsgebende Versammlung von 2004, die von Suu Kyis Opposition boykottiert worden war.
Für Debbie Stothard vom Alternativen Asean-Netzwerk Burma (Altsean Burma) in Bangkok ist der Fall Nyunts ein Indiz dafür, dass das Militär „seine eigenen Mitglieder frisst“. Mit seinen Geheimdienstaktivitäten habe Nyunt viel Geld machen können, während andere Teile des Militärs wegen der Wirtschaftssanktionen des Westens leer ausgingen. Dies habe die Rivalitäten innerhalb der Junta verschärft.
Zudem war der ehrgeizige frühere Geheimdienstchef dafür bekannt, Geheimdossiers über andere Juntamitglieder anzulegen. Es wird mit einer harten Strafe für ihn gerechnet.
NICOLA GLASS