Exkommunizierung von Bischöfen aufgehoben: Zurück nach Vorgestern
Der Papst rückt öffentlich immer deutlicher nach rechts, wie die Begnadigung eines Holocaustleugners zeigt.
Fast muss man dem Papst dankbar sein. Oder besser: seiner Dummheit. Benedikt XVI. hat einen exkommunizierten Holocaustleugner gnädig wieder aufgenommen - und im Zuge der weltweiten Empörung über diesen den NS-Völkermord verneinenden Bischof Richard Williamson können nun die meisten erst ermessen, was für Gestalten der Papst wieder in die Kirche lässt: Ultra-Traditionalisten und Reaktionäre, die noch im antimodernen, antidemokratischen und antijüdischen Sumpf hocken, den die römisch-katholische Weltkirche seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil vor mehr als 40 Jahren überwunden zu haben schien.
Williamson hat mehrmals auf platteste Art und Weise den Mord an den sechs Millionen Juden in Europa geleugnet, ebenso die Existenz von Gaskammern. Der Brite ist einer von vier aus der Kirche ausgeschlossenen Bischöfen der reaktionären Priesterbruderschaft St. Pius X. Sie sind Anhänger des völlig zurecht 1988 von Benedikts Vorgänger Johannes Paul II. exkommunizierten Erzbischofs Marcel Lefebvre, eines Konzilfeindes, der als Ausgestoßener starb. Nun sind die Lefebvre-Fans wieder Teil der Weltkirche, dank der "väterlichen Barmherzigkeit" des Papstes, wie man im Vatikan sagt, ohne rot zu werden. Man weiß gar nicht, was einen mehr empören soll, die Dreistigkeit dieses päpstlichen Aktes oder die Schleimigkeit seiner verbalen Verteidigung.
Jetzt, nach harrschen Protesten nicht zuletzt jüdischer Organisationen, rudert der Papst zurück: Am Montag ließ er seinen Ökumene-Experten Kardinal Walter Kasper klarstellen, dass der Vatikan jegliche Holocaust-Leugnung ablehne. Auch die katholischen Bischöfe Deutschlands sprechen nun ihre Hoffnung aus, dass Williamson bald seine Aussagen zurücknehmen werde. Tja, es bleiben Glaube, Liebe, Hoffnung, wie Paulus sagt.
Deutlich wird an alldem: Papst Benedikt XVI. lässt mehr und mehr die Hosen runter. Er entpuppt sich immer deutlicher als der Erzkonservative und Konzilsverächter, den manche in den vergangenen Jahren in ihm nicht mehr sehen wollten. Die skandalöse Pius-XII.-Schau in Berlin, die Förderung der "lateinischen" Messe, die Wiederaufnahme der exkommunizierten Bischöfe und viele andere Zeichen aus Rom weisen alle in die gleiche Richtung: Nein, dieser Papst will mit seiner Kirche nicht zurück nach Gestern. Er will nach Vorgestern.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
Krieg in der Ukraine
Geschenk mit Eskalation
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste