pampuchs tagebuch: Ewig leuchten die heißen Sterne der alten Sünden
Vor gut zwei Monaten habe ich hier über die unmöglichen Verhältnisse bei AOL und der Telekom geklagt, die in unheiliger Allianz mit Schweinkram-Portalen abzocken und abkassieren. AOL bringt nun offensichtlich in regelmäßiger Folge teure Erotik-Links auf seiner Hauptseite, und Telekom ist sich, wie ich gerade leidvoll erfahren muss, nicht zu fein, das sündige Geld über die Telefonrechnung zu kassieren. Zurück von fünf erfreulichen Wochen in Südamerika stelle ich fest, dass ich für meine damalige etwa 45 Minuten dauernde Recherchenarbeit im Superportal „dsx“ etwa 1.200 Einheiten zu berappen habe, was etwa 130 Mark entspricht. Der gesamte Lohn der Kolumne wurde mir also gewissermaßen in Fleischsalat abgegolten.
Nun je. Immerhin konnte ich meiner Chronistenpflicht genügen und davor warnen, sich allzu leichtfertig auf solche Links zu stürzen. Irgendwann blinkt nämlich irgendeine Kurzwarnung auf und verkündet, dass man 3,63 Mark oder gar 2,65 Euro pro Minute zu zahlen habe, wenn man weitermacht. Und die werden eben nicht über Kreditkarten eingezogen, wie unsereiner vielleicht meint, sondern heimlich, still und leise mit der nächsten Telefonrechnung abgebucht.
So weit, so schlecht, und ich überlege mir ernsthaft, wie ich das Geld von den Luden von AOL und der Telekom wieder zurückhole. Doch es gibt noch ein anderes Ärgernis. Ich hatte damals berichtet, dass sich im Verlauf meiner Recherchen zwei gelbe Pornolink-Sowjetsterne auf meiner Taskleiste festgebissen haben, die durch nichts wieder wegzubekommen sind. Inzwischen sind es drei (und ich schwöre bei der Heiligen Jungfrau, dass ich die Sterne nie auch nur gestreift habe). Der Redakteur dieser Seite kündigte mir damals schon an, dass es mich mindestens zwei Stunden mit mehreren Experten kosten würde, diese Sterne und ihre Nebenwirkungen von meinem Schirm und meiner Festplatte zu entfernen.
Heute habe ich ihn als ersten Experten 15 Minuten in Anspruch genommen – fernmündlich. Wir haben über „Ausführen/regedit“ in irgendwelchen HKEYS herumgefummelt, um – so hieß er mich – „alles rauszuschmeißen, was mir komisch vorkommt“. Nun kam mir in diesen HKEYS/Softwareprogrammen allerlei komisch vor, aber ich traute mich natürlich nicht, das einfach alles zu löschen. Ich ging vorsichtig zu Werk, er hat gut reden mit seinen zwei Tischgeräten. Ich habe nur mein kleines Laptopkistchen, und lieber lebe ich mit drei Pornosternchen zu viel als einem „Hotkey“ zu wenig. Für einen Uneingeweihten wie mich kommen bei solchen Operationen immer so etwas wie Kastrationsängste auf. Ein falscher Löschbefehl, so sagt mein Über-Ich, und nichts geht mehr.
Die drei Sternchen funkeln weiter auf meiner Taskleiste. Das aber nehme ich AOL und der Telekom übel – mehr noch als das unmoralische Abzocken. Wie kommen die dazu, einfach in meine Hotkeys einzudringen und so zu verhakeln, dass anerkannte Experten ratlos die Köpfe schütteln. („Das ist wie ein Virus“, meinte mein Redakteur). Ich klage also hiermit AOL und Telekom öffentlich des gemeinschaftlich begangenen Festplattenfriedensbruchs in Tateinheit mit Zuhälterei an. Die Angeklagten haben das Recht, sich zu äußern. Wichtiger aber wäre mir tätige Reue. Meine Kontonummer habt ihr.
THOMAS PAMPUCH
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