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■ Bosniens Aufrüstung gehört zur Globalstrategie der USAEuropas falsche Argumente

Bei der Debatte um die Aufhebung des Waffenembargos für Bosnien-Herzegowina schieden sich schon früh die Geister. Dabei entstanden neue, überraschende Allianzen. Während Menschenrechtler, US- Kongreßabgeordnete und islamische Staaten das Waffenembargo als eine der großen Ungerechtigkeiten in diesem Krieg ansahen, wollten andere es aufrecht erhalten. Französische Sozialisten und britische Konservative saßen plötzlich mit Linken aus der Friedensbewegung und der proserbischen Lobby in einem Boot und forderten eine „stärkere Rolle Europas“.

Der Streit ist jetzt entschieden. Das rational durchaus nachvollziehbare Argument, daß das Waffenembargo die Aggressoren unterstützte – die ja über genug Waffen verfügten –, hat sich durchgesetzt. Daß die Verteidiger unter großen Verlusten Waffen vom Gegner beschaffen mußten, daß das Waffenembargo den Schwarzmarkt anheizte und last but not least kleine Länder – wie etwa Slowenien oder die baltischen Staaten – in eine neue Rüstungsspirale zwang, gehört zur negativen Bilanz des Embargos.

Die Aufrüstung der bosnischen Armee macht nicht nur militärisch Sinn, weil das Gleichgewicht der Kräfte – trotz gegenteiliger Behauptungen – (leider) die beste Friedensgarantie ist. Die Formierung einer Berufsarmee geht zudem mit der Demobilisierung der meisten wehrfähigen Männer einher. Der wirtschaftliche Wiederaufbau braucht Arbeitskräfte.

Daß der Streit über das Waffenembargo im Dezember 1994 sogar zu einer Zerreißprobe innerhalb der westlichen Allianz geführt hatte, braucht da nicht zu verwundern. Er ist letztendlich sogar der Grund für das Scheitern der UNO in Bosnien-Herzegowina. Mit dem Rückzug der UNO und der Installierung von Nato-Truppen erwiesen sich die USA als stärker: Nur unter der Voraussetzung der Aufhebung des Embargos stimmte der Kongreß dem Abkommen zu. Die Forderung nach der „stärkeren Rolle Europas“ war mit den falschen Argumenten geführt.

Jetzt sind die USA am Drücker. In Zukunft werden sie in Bosnien nicht nur die Aufrüstung der Armee kontrollieren, sondern auch die Spendengelder der islamischen Staaten auf die Konten von US-Rüstungsfirmen leiten. Auch die Ausbilder der bosnischen Armee werden Amerikaner sein und nicht Iraner. Die von Menschenrechtlern und demokratischen Persönlichkeiten betriebene Aufhebung des Waffenembargos gegenüber Bosnien-Herzegowina ist realpolitisch in eine knallharte Strategie der USA gemündet. Und die ist global angelegt. Erich Rathfelder, Split

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