Europäische Woche der Abfallvermeidung: Nicht einfach in die Tonne
Elf Millionen Tonnen Lebensmittel landen in Deutschland jährlich im Müll. Initiativen wie Foodsharing zeigen, dass das nicht sein muss.
BERLIN taz | Einfach in die Tonne? Das sehen immer mehr Supermärkte, Bäckereien oder Getränkehändler anders und geben Lebensmittel, die sie nicht mehr verkaufen können, an die Initiative Foodsharing ab. 1.100 Firmen aus vielen Branchen sind es schon bundesweit. „Mittlerweile ist es so, dass die Betriebe auf uns zukommen“, sagt Raphael Fellmer von Foodsharing anlässlich der Europäischen Woche der Abfallvermeidung, die am Sonntag endete.
Deutschland nimmt bereits das fünfte Mal an der Woche teil, die die Öffentlichkeit für nachhaltiges Ressourcen- und Abfallmanagement sensibilisieren soll. Eigentlich ist der Abfall am besten, der gar nicht entsteht. Dieses Jahr steht die Woche aber unter dem Motto „Lebensmittelverschwendung stoppen“.
Ein Anliegen von Foodsharing, einer Internetplattform, auf der Privatiers oder Firmen überschüssige Lebensmittel anbieten können, damit sie sinnvoll genutzt werden. Über elf Millionen Tonnen Lebensmittel werfen Industrie, Handel, Großverbraucher und Privathaushalte jährlich in den Müll, fand ein Forschungsprojekt der Universität Stuttgart heraus. Die Menge entspricht dem Lebensmittelverbrauch Bayerns, Hessens und Berlins in einem Jahr.
280 Aktionen klärten in der vergangenen Woche bundesweit über die Vermeidung von Abfall auf. Foodsharing und die Stiftung Initiative Mehrweg luden so zu einem Restekochen in eine Berliner Supermarktfiliale von Bio Company ein.
„Mehrwegkisten sparen Lebensmittel“
Im Lager des Ladens erklärte Clemens Stroetmann, Geschäftsführer der Lobbyvereinigung Stiftung Mehrweg, wie aus seiner Sicht Abfall vermieden werden kann. „Mehrwegkisten sparen Lebensmittel“, sagte Stroetmann. Denn: Würden Kartons beim Transport beschädigt, ließen die Händler gleich den ganzen Karton zurückgehen, nicht nur die beschädigte Ware. Auch für den Transport von Obst und Gemüse seien Mehrwegstiegen das „ressourcenschonendste Mittel“.
Sie sparten Abfall und erleichterten durch ihre Abmessung die Logistik. In dem Lager stehen auch die Kisten mit aussortierten Lebensmitteln, die nicht mehr verkauft werden können, weil sie beginnen zu schrumpeln, erste Flecken haben oder das Mindesthaltbarkeitsdatum abgelaufen ist.
Unverkäufliche Waren werden jeden Tag von ehrenamtlichen „Foodsharern“ abgeholt. Die verteilen sie an Bedürftige in Obdachloseneinrichtungen oder an öffentliche Kühlschranke weiter, an denen sich jeder bedienen kann. Die Kiste mit den aussortierten Lebensmitteln aus dem Lager wurde beim Restekochen verwertet: Möhren und Zucchini wurden im Ofen zu Röstgemüse.
Immerhin 1.000 Tonnen Lebensmittel hat der Kölner Foodsharing-Verein bereits seit der Gründung 2012 gerettet. Das entspricht zwar erst der jährlichen Nahrungsmenge eines 2.000-Seelen-Dorfes, aber die Initiative wächst.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
BSW in Koalitionen
Bald an der Macht – aber mit Risiko
Dieter Bohlen als CDU-Berater
Cheri, Cheri Friedrich
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
Selbstzerstörung der FDP
Die Luft wird jetzt auch für Lindner dünn
Kinderbetreuung in der DDR
„Alle haben funktioniert“
Hybride Kriegsführung
Angriff auf die Lebensadern