Europäische Währungskrise: Regierung rettet Banken
Deutsche Geldhäuser brauchen Kapital, Italien muss Rekordzinsen zahlen – ein Rettungsfonds soll helfen. Trotzdem bezeichnet Kanzlerin Merkel Eurobonds als "Fehler".
BERLIN taz | Die Eurokrise wird noch "Jahre dauern", prognostizierte Kanzlerin Angela Merkel (CDU) bei ihrer Regierungserklärung am Mittwoch. Es gebe "keine einfache und schnelle Lösung". Die indirekte Botschaft war klar: Die Europäische Zentralbank wird bei ihrem restriktiven Kurs bleiben und nicht dazu übergehen, unbeschränkt Staatsanleihen aufzukaufen.
Auch Eurobonds verwarf Merkel erneut. Diese gemeinsamen Staatsanleihen wären "ein Fehler". Derweil geht die Eurokrise ungebremst weiter: Die Zinsen für Italien stiegen erneut. Für fünfjährige Anleihen musste das Land am Mittwoch 6,47 Prozent bieten.
Die Eurokrise wirkt wiederum auf die Banken zurück. Die Bundesregierung beschloss daher ebenfalls am Mittwoch, den Bankenrettungsfonds erneut zu öffnen. Das Gesetz für diesen "SoFFin II" wird beschleunigt durchs Parlament gebracht - und soll schon im Februar in Kraft treten.
Diese Eile ist kein Zufall: Bis zum 20. Januar müssen sechs deutsche Banken an die europäischen Bankenaufsicht (EBA) melden, wie sie ihre Lücken beim Eigenkapital schließen wollen. Ihnen fehlen insgesamt 13,1 Milliarden Euro, wie der EBA-Stresstest kürzlich ergab. Vor allem die Commerzbank dürfte Probleme haben, die Vorgaben zu erfüllen. Sie benötigt 5,3 Milliarden.
Ausgelagerte Staatsanleihen
Wie der erste Rettungsfonds wird auch Soffin II einen Umfang von 480 Milliarden Euro haben. Denn die Banken benötigen nicht nur Eigenkapital - sie sitzen auch auf vielen Schrottpapieren. Entscheidende Neuerung: Diesmal dürfen auch Staatsanleihen in staatlich garantierte Zweckgesellschaften - vulgo Bad Banks - ausgelagert werden.
Der erste Rettungsfonds hatte sich ganz auf jene Papiere konzentriert, die die Finanzkrise ab 2008 ausgelöst hatten: die "strukturierten Wertpapiere", mit denen Ramschhypotheken gebündelt und verbrieft wurden. Die Anleger reagierten erfreut, dass künftig auch Staatsanleihen in solche Zweckgesellschaften verschoben werden dürfen. Der Aktienkurs der Commerzbank legte um rund 7 Prozent zu.
Das Kabinett hat jedoch nicht nur einen zweiten Rettungsfonds beschlossen - auch die Befugnisse der Bankenaufsicht Bafin wurden ausgeweitet. Bisher konnte sie nur eingreifen, wenn ein einzelnes Institut in seinem "Bestand gefährdet" war. Künftig darf die Bafin weit früher aktiv werden: sobald sie eine "Gefahr für das Finanzsystem" erkennt.
Sie kann dann von einzelnen Instituten verlangen, dass das Eigenkapital erhöht wird, und im Notfall sogar einen Sonderbeauftragten einsetzen, falls die Banken keine geeigneten Pläne vorlegen, wie das Eigenkapital aufgestockt werden soll. Das neue Gesetz gilt bis Ende 2012. Ein Grund: Ab 2013 greift die internationale Eigenkapitalrichtlinie namens Basel III.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Ungerechtigkeit in Deutschland
Her mit dem schönen Leben!
Kompromiss oder Konfrontation?
Flexible Mehrheiten werden nötiger, das ist vielleicht gut
Niederlage für Baschar al-Assad
Zusammenbruch in Aleppo
Eine Chauffeurin erzählt
„Du überholst mich nicht“
Der Check
Verschärft Migration den Mangel an Fachkräften?
Kinderbetreuung in der DDR
„Alle haben funktioniert“