neue filme: Eureka
Japan 1999, Regie: Shinji Aoyama; mit Yakusho Koji, Miyazaki Aoi u. a.; 217 Min.
Ein Film der Pausen und des Schweigens: Nur selten eine musikalische Untermalung, man muss auf die Geräusche der Umwelt achten: Fußtritte und Wassertropfen, Grillenzirpen, Windrauschen und Klopfzeichen geben die Melodie an. Der Film ist schwarzweiß und düster. Es gibt wenige und dann genau bemessene Kamerabewegungen; hypnotisch langsam werden die emotionalen Zustände der Protagonisten gedehnt: ein Busfahrer und zwei Schulkinder, traumatisiert als einzige Überlebende eines blutigen Amoklaufs. Action sieht man nicht. Aber die Spannung des Schreckens, die durch den Anfang gesetzt ist, pulsiert durch die ruhigsten Momente. So wird zum eigentlichen Thema des Films: die Zeit. Wie er mit Tempo und Rhythmus umgeht, wie er Stillstand und minimalistische Entwicklungen darstellt. Darin sprengt er jeden gewohnten Rahmen. Es ist eine Reise durch sehr fremde und sehr nahe Welten; geografisch heißt das Land: Japan, humanistisch nennt man diesen Bereich: menschliche Seele. Es gibt Filme, die einen fröhlicher entlassen, aber kaum welche, die einen so wenig loslassen. Eine umfassende Comédie humaine jenseits aller üblichen Sehgewohnheiten und Spannungsregeln. Bei der Suche nach Gründen, im Angesicht des Terrors weiterzuleben, ist die Schönheit eines solchen Filmes nicht das schlechteste Argument.
Hackesche Höfe
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