■ Neue Straßennamen im Westen: Etwas mehr Ehrlichkeit
Dutzende von Straßennamen wurden in den letzten fünf Jahren in den östlichen Berliner Bezirken umbenannt. Proteste gab es nur, wenn es ganz dicke kam und es Clara Zetkin oder Nikolai Bersarin an den Kragen gehen sollte. Gestritten wurde dann mit politischen Argumenten, wie es sich gehört. Die einen verteidigten die Frauenrechtlerin Zetkin, die anderen kritisierten ihren Kampf für die „Diktatur des Proletariats“. Niemand entblödete sich, mit den hohen Kosten für neue Briefbögen und Visitenkarten zu argumentieren. Es war klar, daß es sich um eine politische Diskussion handelt, die offen geführt werden muß.
Anders verhält es sich im Westen. Gerade im Nobelviertel Schmargendorf beklagen Hoteliers, die Kosten für die Umbenennung vom Seebergsteig in Walter-Benjamin-Straße würden sie in den finanziellen Ruin treiben. Und auch der „Bürgerbund“ scheut vor diesem Argument nicht zurück, um die Reichssportfeldstraße vor der Umwandlung in Flatowallee zu schützen. In diesem Bemühen ist nichts zu dumm. „Die Touristen finden den Weg zum Reichssportfeld nicht mehr“, ist das Lieblingsargument der Charlottenburger Anwohner. Da ist es auch egal, daß der Platz schon seit Ewigkeiten Maifeld heißt. Deutlich wird daran allerdings, daß die Anwohner krampfhaft Argumente vorschieben, um ihre wahre Motivation zu verbergen. Es ist schließlich peinlich, in aller Offenheit zu sagen: „Wir finden es gut, einen Nazi-Straßennamen auf dem Briefkopf zu haben.“ Ein Hauch von Ehrlichkeit zumindest enthält der Satz: „Außerdem ist das nun mal unsere Geschichte.“ Wenn man das wirklich ernst meint, dürfte man auch nichts gegen eine Hitlerstraße und eine Himmlerallee einzuwenden haben. Das gehört schließlich ebenfalls zu unserer Geschichte. Gesa Schulz
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