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Ethnische Säuberung

Betr.: „Abschieber mit Sozialhilfe finanziert“, taz vom 23.5.

Dieser Senat produziert jetzt täglich neue Skandale – darunter solch wahrhaft atemberaubende wie den vom wieder aufgerissenen Bahnhofsvorplatz. Noch vor wenigen Wochen konnten sich dort 200 LibanesInnen zu einer völlig staubfreien Demo versammeln. Es gibt eine Gewöhnung an die Anhäufung senatorischer Skandale. Sie scheinen selbst auf kritische Geister abstumpfend zu wirken, wenn sich hier niemand mehr über so viel Machtarroganz, Verblendung und Versagen aufregt. Die in Kollektivhaftung genommenen libanesischen Familien sind schließlich verstärkt Zielscheibe und damit Leidtragende senatorischer Willkür. Die Zweckentfremdung von Sozialhilfegeldern für zuvor legalisierte Massenabschiebungen zeugt von einem Maß an Zynismus und Menschenverachtung, das noch zu Borttschellers Zeiten erheblichen Protest auf die Straße gebracht hätte.

Doch selbst ein gelegentliches Grummeln bei Sozialdemokraten und Grünen ist heute kaum noch zu vernehmen. Dabei wäre es doch sehr zu begrüßen, wenn sich wenigstens die Ausländerbeauftragte Dagmar Lill oder die Vertreterin der Grünen in der Sozialdeputation, Karoline Linnert, kritisch zu solchen ethnischen Säuberungen äußern würden. Schließlich sollten sich auch die Kirchen zu Wort melden! Wenn über die Hälfte der als „Asyl- und Sozialhilfebetrüger“ diffamierten Gruppe hier geboren ist und es auch bei den älteren Erwachsenen unterschieliche Rechtslagen gibt, dann müssen die Senatoren Schulte und Hilde Adolf schnellstens ihre Entscheidung rückgängig machen und den libanesischen Flüchtlingen endlich ein Bleiberecht gewähren.

Wieland von Hodenberg

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