: Etappensieg gegen Anti-Personen-Minen
Heute unterzeichnen die Vertreter von 100 Staaten eine Konvention zur Ächtung von Minen. Doch die mächtigsten Staaten der Erde glänzen durch Abwesenheit. Sie wollen auf die Waffen vorerst nicht verzichten ■ Von Andreas Zumach
Genf (taz) – Erfolg im Kampf gegen Anti-Personen-Minen: Heute werden in der kanadischen Hauptstadt Ottawa VertreterInnen von rund 100 Staaten die „Internationale Konvention über das Verbot des Einsatzes, der Lagerung, der Herstellung und der Weitergabe von Anti-Personen-Minen und ihre Vernichtung“ unterzeichnen. Sechs Monate, nachdem dann die Parlamente von 40 Unterzeichnerstaaten das 22 Artikel umfassende Vertragswerk ratifiziert haben, soll es in Kraft treten. Nach bisherigen Erfahrungen mit multilateralen Rüstungskontrollabkommen dürfte diese spätestens Ende 1999 der Fall sein.
Aus Frustration über mangelnde Fortschritte der Genfer UNO-Abrüstungskonferenz beim Thema Minen hatte die kanadische Regierung Anfang 1996 den Verhandlungsprozeß angestoßen, der jetzt mit der Unterzeichnung des Abkommens abgeschlossen wird. Entscheidend für diesen Erfolg waren die Bemühungen von Basisinitiativen aus 60 Ländern, die seit 1993 in der „Internationalen Kampagne zum Verbot von Landminen“ zusammenarbeiten. Für ihre Bemühungen wurden die Kampagne und ihre US-amerikanische Leiterin Jody Williams in diesem Jahr mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet, der am Mittwoch nächster Woche in der norwegischen Hauptstadt Oslo überreicht wird.
Über die Hälfte der 61 Mitgliedsstaaten der UNO-Abrüstungskonferenz sind in Ottawa allerdings nicht dabei. Darunter erstmals in der Geschichte der multilateralen Rüstungskontrolle die drei ständigen Mitglieder des UNO-Sicherheitrates, USA, Rußland und China. Sie wollen zumindest vorläufig nicht auf Anti-Personen-Minen verzichten. Außerdem fehlen zahlreiche Staaten insbesonders aus Krisenregionen Asiens, Afrikas und des Nahen Ostens. Darunter Indien, Pakistan, Irak, Ägypten, Iran, Syrien, Israel, Sri Lanka, Nord- und Süd-Korea. Aus Europa glänzen Griechenland, die Türkei und Restjugoslawien durch Abwesenheit.
Die UNO-Abrüstungskonferenz wird voraussichtlich im Frühjahr 1998 erneut versuchen, sich auf ein Mandat zu Verhandlungen über Anti-Personen-Minen zu einigen. Falls dies gelingt, dürfte es nach Einschätzung von beteiligten Diplomaten im nächsten Jahr bestenfalls zu ersten Vereinbarungen über das Verbot oder zumindest über die Einschränkung des internationalen Handels mit Anti-Personen-Minen kommen.
Parallel zur Unterzeichnung des Abkommens veranstalten die kanadische Regierung und die Internationale Kampagne in Ottawa ein „Aktionsforum“ sowie Beratungen über einen „internationalen Aktionsplan“. Ziel ist es, den Druck auf die bislang abseits stehenden Staaten zu erhöhen, das Abkommen so bald als möglich zu unterzeichnen. Außerdem sollen die finanziellen und personellen Bemühungen um die Räumung der weltweit noch immer unter der Erde lauernden über 100 Millionen Minen weiter verstärkt werden.
Die Anti-Minen-Kampagne weist zudem darauf hin, daß auch in einer Reihe von Unterzeichnerstaaten des Ottawa-Abkommens – unter anderem in der Bundesrepublik Deutschland – im Regierungsauftrag und mit Steuergeldern sogenannte „intelligente“ Minen entwickelt werden. Sie würden zumindest eine „gefährliche Grauzone“ zwischen Anti-Personen- Minen und – weiterhin erlaubten – Minen zur Panzerbekämpfung schaffen.
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