: Essens-Boykott
■ Asylbewerber wollen selbst kochen
„Das ist die tägliche Ration für mich und meine Frau“, sagt der kurdische Flüchtling, stellt einen Pappkarton auf den Tisch und räumt die Lebensmittel aus: ein packet Weißbrot, vier Scheiben Käse, zwei Tomaten, eine Gurke, mehrere Portionspäckchen mit Butter, Honig und Nugatcreme. „Und jeden Mittag gibt es Kartoffeln und Reis“, stöhnt der Mann.
Die Speisekarte der Flüchtlingsunterkunft in Mahndorf bringt die Überzahl der 75 BewohnerInnen auf die Barrikaden. Seit Montag boykottieren sie das Essen. Ihre Forderung: Sie wollen ihre Lebensmittel selbst kaufen und kochen. „Das ist zwar vernünftig, aber unmöglich“, winkt Sozial-Staatsrat Hans-Christoph Hoppensack ab. „Nach dem Asylbewerber-Leistungsgesetz sind Sachleistungen und Unterkunft vorgesehen – daran wird sich nichts ändern.“ Das gelte auch für die Forderungen nach der Auszahlung des Lebensmittelgeldes und mehr Taschengeld.
Das Essen ist jedoch nur ein Stein des Anstosses: Die AsylbewerberInnen wollen u.a. für jede Familie eine BSAG-Monatskarte, einen Deutschkurs, mehr Dolmetscher, eine Arbeitserlaubnis nach dreimonatigem Aufenthalt und die Begrenzung der Aufenthaltsdauer in der Sammelunterkunft auf sechs Monate. Einige Familien leben seit über einem Jahr in dem Wohnlager. „Das tut uns leid“, sagt Hoppensack. „Aber ändern können wir nichts.“ Bei der Arbeitsgenehmigung verspricht der Staatsrat in Ausnahmefällen behilflich zu sein. Ansonsten würden die Forderung an den gesetzlichen Bestimmungen scheitern. „Wenn man an so dicken Stellen des Brettes anfängt zu bohren, muß man hinnehmen, daß man nicht durchkommt.“ Die Bewohner der Flüchtlingsunterkunft wollen das allerdings nicht hinnehmen: Für Montag haben sie einen Hungerstreik angekündigt. kes
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