: Essen a la DDR
■ betr.: "Kohl und realsozialistische Einheitssoße", von Olaf Kampmann, taz vom 22.11.90
betr.: „Kohl und realsozialistische Einheitssoße“, von Olaf Kampmann, taz vom 22.11.90
[...] Ich weiß nicht, wieviele DDR- Familien der Autor kannte, viele können es jedenfalls nicht gewesen sein, sonst wäre ihm nicht entgangen, daß sich Eintopf und Kotelett sehr wohl nicht jede Woche abwechselten.
Das Essen hatte jedenfalls hier einen sehr hohen, für Ernährungsfachleute zu hohen, Stellenwert und es wurde zumeist viel Zeit und Mühe, ja auch Geld darauf verwandt. Nebenbei auch der DDR-Gastronomie waren mehr als fünf Gerichte bekannt, wenn sie sicher auch verbesserungswürdig waren. Auch besitzen, was dem Autor vollkommen entgangen zu sein scheint, viele Leute einen Garten, und dort haben sie keinen Weiß- und Rotkohl angebaut, sondern stellt Euch vor, auch Auberginen (Avocados wachsen hier leider nicht), Brokkoli und sonstiges, womit Ihr denkt uns jetzt bekehren zu müssen.
Euren letzten Satz kann ich nur abwandeln mit den Worten: Es wird wohl noch eine ganze Weile dauern, bis der Ex-BRDler seine Überheblichkeit abgelegt haben wird.
Ansonsten finde ich Eure Zeitung gut und wichtig und betrachte diesen Artikel als Entgleisung. Anne-Katrin Lange, Waldheim
[...] Endlich glaube ich einen der Gründe für den mich permanent quälenden Durchfall gefunden zu haben: das jahrelange Kohlfressen. Glücklicherweise gibt es ja jetzt zur Linderung (oder vielleicht sogar Heilung) in den Gemüsehandlungen Advokaten und Auberbirnen oder noch ganz andere fremdländische Früchte. [....] Der Jammer über meine wohl nicht mehr zu ändernde grenzenlose Dummheit und ebensolche Darmverstimmung ist aber nicht mein Schreibgrund. Vielmehr möchte ich versuchen, dem überschlauen Wessi das Dunkel zu seinen sauerkraut- und einheitssoßenverschmierten Füßen mit einigen im Artikel vergessenen Ursachen zu erleuchten.
Ich habe selbst erleben müssen, wie aufmüpfige Oppositionelle, die unter Umgehung der staatlichen Zwangsmaßnahmen in ihren Gärten (so etwas gab es im Untergrund) exotische Früchte anbauen wollten, von Schergen des Regimes mit Kohlköpfen gesteinigt (oder besser gekohlköpft?) wurden. Auch das Pipeline- Soßennetz war in fester Hand der Stasi, daß weiß man ja. Es hätte eben nur im Artikel stehen müssen.
Zum Schluß habe ich da noch eine Frage: Was ist denn eigentlich ein Kochbuch? Bisher habe ich zwar noch kein Buch, aber ich habe gehört, Bücher sind zum Fliegenerschlagen und nicht zum Kochen. Schmeckt denn so etwas? Wilfried Korth (armer Ossi), Potsdam
[...] Dieser Artikel ist dumm und unverschämt. Ich bin seit 1949 DDR- Bürger, kenne mich also aus. In der DDR müssen ja großenteils nur Idioten gelebt haben, die nicht mal Phantasie zum Kochen aufwenden konnten.
Was soll man wohl zu dem Schlußsatz sagen: „Es wird wohl noch eine ganze Weile dauern, bis der Ex-DDRler auch hinsichtlich kulinarischer Kreativität seine Einheitshaltung abgelegt haben wird.“ Ich hoffe, Ihr distanziert Euch von solcher Arroganz. [...] Cl.Ehrlich, Jena
Anmerkung der Red.: Olaf Kampmann ist ebenfalls Ex-DDRler („armer Ossi“) und legt Wert auf die Feststellung, daß er soßengeschädigt ist.
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