: Es muss nicht immer Heuschnupfen sein
■ Wenn die Umwelt krank macht: Häufig werden Allergien nicht als solche erkannt
Allergien kommen und gehen, wahrscheinlicher aber ist, dass sie kommen. Die Zahl der Allergien nimmt zu, deshalb geht man davon aus, dass sie in einem engen Zusammenhang mit Umweltbelastungen stehen. Ob jemand eine Allergie entwickelt oder nicht, hat oft mit Vererbung zu tun.
Dabei bleibt eine häufig nicht allein. Sogenannte Kreuzallergien gibt es beispielsweise bei Heuschnupfen. Wer auf frühblühende Birken, Erlen, Hasel reagiert, kann manchmal auch keine Kiwis, Aprikosen oder Äpfel vertragen. Wird Heuschnupfen nicht behandelt, kann sich daraus Asthma entwickeln, was nicht heißt, dass man schon beim ersten Augenjucken zum Arzt rennen muss. Wenn allerdings weitere Symptome dazukommen, ist eine Untersuchung schon angesagt.
Einfach ist, wenn man weiß, gegen was man allergisch ist: bei Ni-ckel eben keinen Modeschmuck tragen, bei Duftstoffen Seife ohne kaufen. Kompliziert wird es, wenn sich die Stoffe, mit denen der eigene Körper nicht klar kommt, nicht umgehen lassen, wie alles, was in der Luft ist. Oder wenn sich nicht feststellen lässt, wogegen genau sich die Reaktion richtet. Das ist auch bei MCS ein häufiges Problem.
Manche Patienten verbringen Jahre bei unterschiedlichsten Fachärzten, ohne dass jemand auf die Idee kommt, es könnte eine Umwelterkrankung vorliegen. Bodo Kuklinski vom Therapiezentrum für umweltmedizinische Erkrankungen in Rostock beispielsweise schilderte dies auf einer Tagung der SPD-Bundestagsfraktion zum Thema „Umweltbelastungen und Gesundheit“: „Ich kenne Patienten, die seit 15 Jahren mit einer Multiorganerkrankung lebten, im Vordergrund nervliche und psychische Schäden, die nur durch Psychiater und Psychologen begutachtet wurden.“ Auf die Idee, dass eine Umweltkrankheit die Ursache ist, sei keiner gekommen – für Kuklinski eine Verletzung der ärztlichen Sorgfaltspflicht.
Ob MCS ein gravierendes Problem darstellt, ist auch unter Fachleuten umstritten. Unklar ist, warum beispielsweise der Kontakt mit Formaldehyd die einen krank macht und die anderen nicht weiter behelligt. In Hamburg gibt es zwar ÄrztInnen und WissenschaftlerInnen, die sich mit dem Thema beschäftigen. Wer sich aber stationär behandeln lassen will, muss nach Nordfriesland. Dort stellt ein Fachkrankenhaus sechs Betten für umweltmedizinische Versorgung.
Auf die hoffen Patienten auch aus anderen Bundesländern, weshalb die Wartezeiten lang sind. Der „Arbeitskreis das gute Krankenhaus“ wünscht sich deshalb für den Neubau des Barmbeker Krankenhauses eine Umweltklinik. Wer dazu Fragen hat oder sich ebenfalls dafür engagieren will, kann sich unter Telefon 040/630 09 36 melden. san
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