■ Private Naßzellen: Es lebe der Spaß
Opas Schwimmbad ist tot. Es lebe das Spaßbad. Nur so läßt sich der Beschluß des Senats verstehen, ab Januar 1995 die öffentlichen Hallen- und Freibäder in private, „attraktive“ Naßzellen mit Erlebnischarakter umwandeln zu wollen. Durch die Gründung einer landeseigenen Spaßbad GmbH sollen die Subventionen auf 90 Millionen Mark zurückgeschwommen werden. Lustig läßt man dafür das Personal absaufen, die Preise erhalten Auftrieb, und an den Öffnungszeiten wird manipuliert. Sukzessive, aber eisern werden dann die rutschigen Becken umgebaut. Die Wassertiefe fährt man auf „Kniehöhe“ zurück. Die 25-Meter-Bahn mutiert zum Wellenbad. Ab zehn Mark und mehr dürfen alle Wasserratten zwischen Plastikbäumchen und Gummifischen planschen. Und wer Probleme mit Blase oder Prostata hat, schleicht sich in den Whirlpool und läßt es sprudeln. Toll ist, daß statt strenger Bademeister mit Trillerpfeifen nette Badeschutz-Nixen über die Taucher wachen. Super wird, wenn die Nässer zwischen künstlichem Tropik-Look an der Pool- Bar die Currywurst aus Altfett mit Mayo schlabbern und frisch geröstete Speckschwarten aus dem Solarium rennen. Ertrinkende, Fußpilzler und Kabinenblitzer stören da kaum mehr. Alle sind fit und lustig mit Musik. Soziale Schwimmeinrichtungen werden niedergeblubbert und niedergemacht. Und für Menschen mit Schwimmhäuten zwischen den Zehen, für den Opa, der morgens gegen sieben Uhr mit Wettkampfbrille seine hundert Bahnen zieht, für Springer, Kids und für Verliebte einfach geschlossen. Duschen rüstet die Spaßbad GmbH in Räume für Bodybuilding um. Off Limits für die, denen der Schweiß nicht unter den Achselhöhlen rinnt. Und wer schwimmen will, geht baden. Rolf Lautenschläger
Siehe nebenstehenden Bericht
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