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„Es ist riskant“

Andrea Fischer, Bundestagsabgeordnete, hält eine Ampel für sinnvoll, wenn grüne Kompetenz erkennbar bleibt

taz: Frau Fischer, sollen die Grünen Koalitionsgespräche mit der FDP aufnehmen?

Andrea Fischer: Ja, wir sollten ernsthaft ausloten, ob mit einer Ampel eine positive Entwicklung für Berlin in den nächsten fünf Jahren möglich ist.

Ist eine Ampelkoalition nicht der beste Weg, um das angeschlagene Profil der Grünen gänzlich zu ruinieren?

Es gibt da keinen Automatismus. Es ist riskant, aber es liegt an uns, ob wir darin als ökologisch-soziale Reformpartei erkennbar sind. Ich bin da selbstbewusst.

Was müssen die Grünen in den Koalitionsverhandlungen unbedingt durchsetzen, damit für die Wähler eine grüne Handschrift erkennbar ist und die grüne Basis der Koalition zustimmen wird?

Die Felder Ökologie und Stadtentwicklung müssen für uns ein absoluter Schwerpunkt sein. Dazu gehört auch die Verkehrspolitik. In den Bereichen liegt schließlich eine Kernkompetenz der Grünen . . .

. . . und einer der Hauptkonflikte mit der FDP, die zum Beispiel unbedingt den innerstädtischen Autobahnring schließen will. Wie wollen Sie sich da einigen?

Ein weiterer Autobahnausbau ist für eine Großstadt wie Berlin ein völlig antiquiertes Verkehrskonzept. Aber es wird natürlich konkret um den Autobahnausbau gehen, um die Kanzler-U-Bahn und um Straßenbahnen. In vielen Fragen gibt es da einen Konflikt mit der FDP, aber nicht mit der SPD. Darüber hinaus stehen die Grünen für eine realitätstaugliche Haushaltspolitik, da kann die FDP von uns lernen.

Sind das die Knackpunkte, von denen die Grünen auf keinen Fall abweichen dürfen?

Langjährige Erfahrungen haben uns gelehrt, dass Knackpunkte-Diskussionen wenig sinnvoll sind, weil am Ende ein großes Paket steht. Natürlich muss eine Partei mit einem Wähleranteil von knapp zehn Prozent kompromissfähig sein. Aber wir müssen in den Verhandlungen erreichen, dass das Gesamtpaket eine klare grüne Handschrift hat. Sonst ist eine Beteiligung an der Regierung nicht sinnvoll.

Kritiker befürchten, dass die Grünen in einer Ampel wenig durchsetzen können, ihnen aber schnell das Image der Verhinderer angehängt wird. Sehen Sie diese Gefahr?

Natürlich ist das ein Etikett, das den Grünen gerne angeheftet wird. Aber wir haben in den letzten Jahren ganz gut gelernt und bewiesen, dass dieses Etikett uns immer weniger steht.

Sehen Sie die Gefahr, dass die Landesdelegiertenkonferenz Koalitionsgespräche mit der FDP ablehnen wird?

Es wird sicher eine umstrittene Entscheidung sein, aber die Mehrzahl der Delegierten wird wohl für die Verhandlungen stimmen. Ob es wirklich eine Koalition gibt, wird ja erst danach entschieden.

INTERVIEW: SABINE AM ORDE

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