■ NOCH 3330 TAGE BIS ZUM JAHR 2000: Erste Jagderfolge
Jetzt ballern sie wieder. In Wald und Flur ist es nicht zu überhören: Die herbstliche Jagdsaison läuft auf vollen Touren. Beliebtestes Objekt der Mordlust ist diesmal der „Vogel des Jahres 1991“, das Rebhuhn. Überall, wo es sich in Niedersachsen oder Schleswig-Holstein zeigt, wird das Ferdervieh voll Blei gepumpt. Die Waidmänner geben dem Vogel damit freundlich Hilfestellung beim Aussterben. Aber nicht nur bei uns, auch im Ausland wird auf der Jagd gestorben. Ein Jäger aus Montpellier nahm seinen zwölfjährigen Sohn mit auf die Pirsch. Als Sohnemann sich bückte, um einen toten Fasan aufzuheben, drückte Papa ab, weil er glaubte, Wild erspäht zu haben. Der Junge war sofort tot. Ein 55jähriger italienischer Jäger mußte im Südelsaß dran glauben. Seinem französischen Kollegen gelang ein fantastischer Doppeltreffer. Der Schütze hatte auf ein etwa 20 Meter entferntes Reh gezielt und dieses auch getroffen. Die Kugel durchquerte den Tierkörper und traf den Italiener, der sich in ungefähr 30 Meter Entfernung aufhielt. Exitus!
Den größten Spaß haben sie natürlich wieder in Amerika, dem Land des unbegrenzten Schußwaffengebrauchs. Die Amis hatten es ja schon einmal fast geschafft, den Bison, der einst in riesigen Herden die Prärie durchstreifte, auszurotten. Jetzt machen sie einen zweiten Versuch. Im Yellowstone-Nationalpark leben wieder 2.500 der Büffel. Da sind mehr als genug, meinten die Jäger und bliesen zum fröhlichen Halali. Das Fernsehen war selbstverständlich live dabei.
Die Eröffnung der Truthahnjagd in Pennsylvania hat bis jetzt erst drei Menschen das Leben gekostet. Jüngstes Opfer war der 43jährige Charles Boyer, dem seine Kleidung zum tödlichen Verhängnis wurde. Der gute Charlie hockte in einem Busch und versuchte sehr geschickt, mit Lockrufen Truthähne zu verarschen, als ein anderer Schütze auf ihn aufmerksam wurde. Er sah Charlies blau- grau gemustertes Hemd im Laubwerk aufblitzen und schickte eine Ladung Blei in den Strauch. Charlie wurde über der rechten Augenbraue getroffen. Er verlor soviel Blut, daß ein Arzt, der erst nach 40 Minuten an dem abgelegenen Ort eintraf, nur noch den Tod feststellen konnte. Alles halb so schlimm. Der 24jährige Schütze muß als Höchststrafe nur mit einer Geldbuße von 5.000 Dollar und dem Entzug seiner Jagdlizenz rechnen. Aber auch das ist nicht sicher. Im Staat Maine wurde kürzlich ein Jäger freigesprochen, der eine Frau mit einem Hirsch verwechselt und erschossen hatte. Karl Wegmann
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