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Erste Abschiebungen von rot-grünem Senat

■ Sieben Thailänderinnen abgeschoben / Ausländerbereich der AL ist unzufrieden über sozialdemokratische Auslegung der Koalitionsvereinbarungen / Kommunales Ausländerwahlrecht soll sofort eingeführt werden

Irritationen zwischen den Koalitionspartnern gibt es, was die Auslegung der Vereinbarungen zu Ausländerfragen betrifft. Nach Informationen der AL-Fraktionsvorsitzenden Heidi Bischoff-Pflanz sind am Wochenende 16 Thailänderinnen aufgegriffen und in Abschiebehaft genommen worden. Die Innenverwaltung sprach von sieben Thailänderinnen, die am Samstag bereits abgeschoben worden seien. Die AL verweist nun auf einen generellen Abschiebestopp.

Innensenator Pätzold (SPD) hatte auf einer Pressekonferenz am Freitag angekündigt, es werde demnächst eine Härtefallkommission geben, die „problematische Abschiebungsfälle“ prüfen soll.

Verwundert reagiert die AL auf die Auffassung des Innensenators, ein Verfassungsgericht solle über die Verfassungsmäßigkeit des kommunalen Ausländerwahlrechts befinden. Frau Bischoff-Pflanz verwies auf ein Gutachten des „Wissenschaftlichen Parlamentsdienstes“ (WPD), in dem die Verfassungsmäßigkeit ausdrücklich festgestellt wird. Pätzold wollte ein Gesetz zur Einführung des kommunalen Ausländerwahlrechts noch einmal von einem noch zu errichtenden Verfassungsgericht in Berlin überprüfen lassen. Die AL sieht in dieser Koppelung eine „Verletzung der Koalitionsvereinbarungen“.

Der ausländerpolitische Sprecher der SPD-Fraktion zeigte sich zwar auch überrascht von den Äußerungen Pätzolds, vermochte darin aber keinen Bruch der Koalitionsvereinbarungen zu erkennen. Für ihn ist die Einführung des kommunalen Ausländerwahlrechts vor allen Dingen eine „politische Entscheidung“. Er möchte zwar keinen „Zusammenhang mit der Errichtung eines Verfassungsgerichts“ herstellen, aber als „leidenschaftlicher Vertreter des Rechtsstaats“ meinte er, daß dies immerhin den Gegnern eines solchen Wahlrechts die Möglichkeit gebe, die Verfassungsmäßigkeit überprüfen zu lassen.

Die AL, die die strittigen Fragen nun möglichst schnell mit den Genossen in einem Gespräch klären möchte, hofft, daß es sich vielleicht einfach um ein Mißverständnis handelt. Von einer Überprüfung der Verfassungsmäßigkeit sei zwar auch bei den Verhandlungen die Rede gewesen, allerdings habe man sich dabei lediglich darauf bezogen, ob das allgemeine und nicht das kommunale Ausländerwahlrecht eingeführt werden könne.

Verärgert ist der Ausländerbereich der AL auch über eine Broschüre der Ausländerbeauftragten John (CDU) mit dem Titel Ich hab‘ nichts gegen Ausländer, aber..., deren Text, so schrieben die Alternativen an Sozialsenatorin Ingrid Stahmer (SPD), sei nicht im Sinne der Koalitionsvereinbarungen. Beispielsweise lobe die Ausländerbeauftragte die „strikten Einreisevorschriften“ der Bundesrepublik. Eine humanere Ausländerpolitik sei aber nur mit der Lockerung dieser Vorschriften zu erreichen.

RiHe

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