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Erneuter Eklat im Schmücker-Prozeß

■ Beispielloser Eingriff von oben: Generalstaatsanwalt verbietet Einstellung des Verfahrens

Berlin (taz) — Das längste Verfahren in der bundesdeutschen Justizgeschichte, der Berliner Schmücker-Prozeß, ist um einen Skandal reicher. Per Dienstanweisung hat der Generalstaatsanwalt beim Kammergericht den Staatsanwälten des Verfahrens verboten, einer geplanten Einstellung des Endlosprozesses zuzustimmen. Eine solche Order von oben, die derart massiv in ein laufendes Verfahren eingreift, gilt bisher als beispiellos. Die beiden Staatsanwälte, die im vierten Durchgang über den Fememord an dem Studenten Schmücker verhandeln, hatten für den gestrigen 584.Verhandlungstag ihre Zustimmung zu einem Einstellungsantrag der Verteidigung signalisiert. Wegen unüberwindlicher Prozeßhindernisse, so ihre Argumentation, sei dieses Verfahren nach rechtsstaatlichen Maßstäben nicht zu Ende zu bringen. Gegen ihre eigene Überzeugung und die ihrer unmittelbar Vorgesetzten beim Landgericht müssen die Staatsanwälte das Verfahren nun weiterführen. Die Chancen, daß der Schmücker-Prozeß jemals abgeschlossen wird, sind damit auf den Nullpunkt gesunken. Denn die Order verpflichtet die Staatsanwälte außerdem, gegen eine mögliche Verfahrenseinstellung von seiten der Richter Rechtsmittel beim Bundesgerichtshof einzulegen. SEITE 6

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