: Erneute Sondierungsversuche am Golf
■ Moskau will Iraks Bereitschaft zu Rückzug aus Kuwait ermitteln/ Peking schickt Vize-Außenminister nach Nahost/ Blockfreien-Konferenz in Belgrad/ Außenministertreffen der Islamischen Konferenz
Paris/Moskau/Peking (afp/dpa) — Der sowjetische Sondergesandte Primakow, der gestern in Bagdad erwartet wurde, bringt nach offiziellen sowjetischen Angaben keinen Friedensplan mit, sondern soll bei seinen Gesprächen die Bereitschaft der irakischen Führung sondieren, sich aus Kuwait zurückzuziehen. Wie der Vorsitzende des Komitees für Auswärtige Angelegenheiten im Obersten Sowjet, Dsassochow, in Moskau erklärte, sollen bei den Beratungen Primakows auch mögliche „Garantien der Nichtbestrafung“ erörtert werden, die Bagdad im Falle eines Abzugs aus Kuwait gegeben werden könnten.
Dsassochow sagte, er hoffe, daß der Besuch Primakows in Bagdad die Position der irakischen Führung zu einem Truppenabzug aus Kuwait „erhellen“ werde. Zu Sondierungsgesprächen über den Golfkrieg hat die chinesische Regierung überraschend Vize-Außenminister Yang Fuchang in den Nahen Osten entsandt. Yang reiste am Montag von Peking aus zu Besuchen nach Syrien und Iran sowie auch in die Türkei und Jugoslawien. Er wird „Wege und Möglichkeiten einer raschen Lösung des Golfkonflikts und der Wiederherstellung von Frieden in der Region erörtern“.
Iran war in den vergangenen Tagen mit zahlreichen diplomatischen Kontakten zu einem Zentrum der Friedensbemühungen geworden. Dabei stand ein iranischer Fünf- Punkte-Plan im Mittelpunkt, dessen Einzelheiten bisher öffentlich nicht bekannt sind. Der iranische Außenminister Velajati hat sich optimistisch über die Aussichten einer Beilegung des Golfkonflikts geäußert.
Velajati erklärte vorgestern abend bei seiner Ankunft in Belgrad: „Es besteht Hoffnung, daß der Krieg so schnell wie möglich beendet wird.“ In der jugoslawischen Hauptstadt findet seit gestern eine Konferenz von 15 Außenministern nichtpaktgebundener Staaten über Friedenschancen am Golf statt. Da jedoch weder Kuwait noch der Irak an dem Treffen am Dienstag teilnehmen und andere Mitglieder der Bewegung wie Kuba, Algerien und Ägypten in dem Konflikt auf unterschiedlichen Seiten stehen, wird einer neuen Initiative allgemein wenig Chancen eingerechnet. Lediglich Emissäre aus Kuwait und Irak wurden erwartet. In den Reigen der Reisediplomatie wird sich ein Außenministertreffen von 10 der 46 Mitglieder der Islamischen Konferenz einreihen, das ab Mitte nächster Woche in Kairo eine mögliche Rolle der Organisation zur Beilegung des Konflikts zum Gegenstand haben soll. Als Teilnehmer wurden neben dem Gastgeberland Ägypten auch Saudi-Arabien, Kuwait, die Türkei, Pakistan, Senegal, Gabun, Marokko, die Malediven und die PLO genannt. Deren Vorsitzender Arafat sagte in einem Interview mit dem 'Mideast Mirror‘, der Golfkrieg könnte bereits in einer Woche den Punkt erreicht haben, an dem kein Zurück mehr möglich sein werde. Dies würde auch das Ende aller Friedenshoffnungen bedeuten.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen